Als die kleine Giraffe ihre Punkte verlor Ich mache ein Kinderbuch
Woche 37 - 11.März 2007 Schon wieder ist
die Woche voll mit verschiedensten Terminen, aber ich sitze möglichst oft auch an den Illustrationen. Ich freue mich schon, wenn ich meinen Kram demnächst mal raus in den sonnigen Garten schleppen kann und dort
illustriere. Vor allem höre ich dann das Telefon und die Türklingel nicht, bin für Stunden nicht erreichbar und merke nicht mal, wenn mich jemand erreichen will. Mein Lieblingssatz im Handyzeitalter ist: “Immer
erreichbar sein, muss nur das Personal.
Um ein erstes Vorgefühl zu bekommen, wie es sein wird, wenn bei mir an der Türe einer klingelt und ich es nicht höre, plane ich eine zweitägige Fahrt nach Bremen und
Hamburg, um dort den Affen-Vater und den Affen-Onkel für die Hör-CD aufzunehmen. Etwas viel Aufwand für ein paar Sätze, wird manch einer denken. Hätte sie da nicht Leute in ihrer unmittelbaren Umgebung finden können?
Vermutlich schon, aber ich will eben genau diese Sprecher haben und da kann ich nicht warten, bis sie vielleicht mal in meine Nähe ziehen. Insgeheim überlege ich sogar, ob ich nicht jemanden in Amerika kenne, der
dringend mitsprechen sollte. Mal eben nach New York zu jetten, um ein kurzes Hyänenkichern aufzunehmen, stelle ich mir nett vor. Obwohl ... das fänd dann sogar ICH übertrieben. Aber trotzdem klasse.
Sorgen macht
mir immer noch, dass ich mit den Illustrationen hinter dem Zeitplan hänge. Ich glaube, dass ich mir jetzt, wo ich einige wichtige andere Sachen erledigt habe, doch wieder eine Pflichtstunde pro Tag verordnen muss. Eine Stunde am Tag muss ich dann irgendwie am Tisch mit den
Zeichensachen verbringen. Wenn ich kreativ bin, zeichne ich neue Bilder vor, ansonsten male ich vorgezeichnete bunt. Irgendwas ist doch immer zu tun. Das Verschieben auf den nächsten Tag
bringt nämlich gar nichts. Ich glaube, ich werde mal ein ernstes Wort mit mir reden und so richtig die Verlegerin raushängen lassen. Schade, dass man als Boss manchmal so autoritär werden muss. Hoffentlich
brülle ich nicht rum. Und hoffentlich sitze ich nicht gerade im Garten und höre sowieso nichts.
Kann ich eine Reise nach Amerika wegen eines Hyänengekichers wirklich überzeugend vertreten, wenn in der Geschichte überhaupt keine Hyäne vorkommt?
Sollte ich einfach mal die Klingel und das Telefon abstellen, um mich ungestört zu fühlen? Und was passiert sonst noch?
Woche 38 - 18.März 2007 Durch meine Kurzreise ist der ganze Wochenablauf durcheinander gekommen und die ganze
Woche -zack!- schon wieder vorbei. Ich schaffe eine einzige Illu und stelle außerdem leider fest, dass ich vier der fer tigen Illustrationen eigentlich nochmal neu machen möchte. Und wenn ich schon “eigentlich” denke, wird es wohl so kommen. Aber nicht sofort. Wenn ich mit allen fertig bin, guck ich
durch und entscheide, was ich lieber nochmal besser zeichnen möchte. Wäre eigentlich geschickter, wenn ich von vorneherein besser zeichnen würde und sofort zufrieden wäre.
Egal, was mich das Kinderbuch an Zeit,
Energie und wahrscheinlich auch Geld kosten wird, ich erlebe so viel tolle Sachen, dass sich das dafür schon lohnt. Mit dem “Affenvater” in einem Bremer Wohnzimmer zu sitzen, wo er für die Aufnahme unglaublich lautes
und täuschend echtes Affengebrüll loslässt, das die Nachbarn wohl erschrocken vermuten lässt, dass es ein undichtes Gehege im Zoo geben muss, ist ebenso lustig, wie mit dem “Affenonkel” in
einem Hamburger Büro, eng gequetscht in der Aktenablage, Urwalddialoge zu führen. Außerdem haben zwei total nette Menschen für die Schlange und das Baby zugesagt und ich freu mich
fast weg, weil ich die beiden sehr mag. Die Schlange und das Baby haben extrem kurze Lautäußerungen, und irgendwie finde ich es besonders witzig, dafür extra einen Termin
abzusprechen, an dem wir uns zu dritt Zeit nehmen und uns in Köln zur Aufnahme treffen. Vermutlich wird schon die Parkplatzsuche wesentlich länger als die Textsprechzeit dauern,
aber völlig egal. Dass es später eine Mordsarbeit werden wird, alle an unterschiedlichen Orten aufgenommenen Stimmen für das Hörbuch richtig gut zusammen zu setzen, verdränge ich jetzt
einfach. Im Zweifelsfall setze ich einfach immer die wunderschöne Gitarrenmusik darunter, die ein Freund extra für das Giraffen-Hörbuch komponiert hat und die er mir in meiner Küche als
Rohfassung vorspielt. Wenn das Buch mal in die Musicalplanung geht, wird er noch mehr zu tun bekommen...
Soll ich die drei traditionellen Schlusssätze, wenn mir einfach nichts dafür einfällt, auf zwei reduzieren? Und was passiert sonst noch?
Woche 39 - 25.März 2007 Tolle Neuigkeiten! Nein, nicht das Buch ist überraschend früh fertig geworden und es gab auch
keine sichere 300-Stück-Vorbestellung, die die Finanzierung sichern würde, aber für die Giraffe sieht es sehr gut aus: Die Affen versuchen gerade die abgelösten Punkte wieder zu
befestigen und wirken sehr von ihrem Tun überzeugt. Ich kann natürl ich nicht versprechen,
dass es klappt, aber die Giraffe schöpft Hoffnung und sieht der Zukunft lächelnd entgegen.
Ich lächel auch, denn inzwischen habe ich zwei Drittel der Bilder gezeichnet. Dass ich einige davon nochmal neu
machen werde, rechne ich aus optimistischen Gründen jetzt nicht mit. Nur das Positive sehen!
Im Übrigen merke ich, dass ich anders illustriere als noch vor fünf oder auch vor zwei Monaten.
Bis dahin hatte ich immer im Kopf: “Du machst die Bilder für dein Kinderbuch!”, was mich, der Wichtigkeit der Situation bewußt, leicht angespannt am Zeichentisch sitzen ließ, denn dann
musste es ja besonders gut werden. Inzwischen zeichne ich einfach nur noch, mache damit, was mir gefällt und sehe alles locker. Klar, gibt das ein Kinderbuch, aber was ist daran so
besonders? Wenn ich eine Bodenturnkür zusammenstellen müsste, das wäre ein Grund angespannt zu sein, oder eine Operkomposition, aber ein Kinderbuch? Vielleicht wird sich diese
Lässigkeit später rächen, wenn die Kritiker schreiben: “Sie hätte lieber etwas mit Opern oder Bodenturnen machen sollen!”
Zwischendurch verteile ich den Text in meinem Musterbuch auf 8 Seiten nochmal neu, um andere Größen für die Illustrationen festzulegen. Nachdem ich
die neuen Textschnipsel eingeklebt habe, überlege ich, ob ich sie jetzt nochmal durchlesen muss, um sicher zu sein, dass ich keinen Abschnitt vergessen und versehentlich zum Restpapier geworfen habe. Aber
irgendwie habe ich keine Lust dazu. Volles Risiko. Jetzt erstmal alle Illus machen und dann entsetzt feststellen, dass es einen Fehler
in der Aufteilung gibt. Anscheinend ist mein Leben gerade nicht spannend genug, wenn ich Freude an so einem Nervenkitzel habe. Andererseits muss ich sowieso irgendwann nochmal zur
Druckerei fahren und genau nachfragen, ob das, was ich für 48 Seiten halte, auch bei ihr 48 Seiten sind. Nicht, dass ich irgendetwas für “Seite” halte, was bei ihr “Umschlag” oder “leeres
Zwischenblatt” ist. Schade, dass bei diesem Projekt weder die Layouterin, noch der Verlagsleiter davon Ahnung haben und ich mich mal wieder um alles selber kümmern muss.
Sollte ich nicht endlich mal eine Probeseite layouten, um zu testen, ob die Druckerei meine Datei überhaupt öffnen und verwenden kann?
Ist es nicht ganz wunderbar, dass ich wirklich mitten in den Arbeiten zu meinem eigenen Kinderbuch und der Hör-CD stecke und das jetzt keine Wunschträume mehr “für später mal” sind, sondern reale Arbeit ist?
Und was passiert sonst noch?
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