Als die kleine Giraffe ihre Punkte verlor
Ich mache ein Kinderbuch

Woche 46
- 3.Juni 2007
Ganz unauffällig lasse ich jetzt einfach mal drei Wochen unter den Tisch fallen und springe im Bericht von Anfang Mai in Anfang Juni. Wenn ich das jetzt nicht blöderweise erwähnen würde, käme da wahrscheinlich niemand drauf, denn ich zähle einfach meine Arbeitswochen weiter und komme so von 45 auf 46. Da ich in der Zwischenzeit zwar ganz viel Arbeit hatte, aber absolut nichts an der Giraffe gemacht habe, gab es ja keine gültigen Kinderbuch-Arbeitswochen, die ich hier hätte mitzählen müssen, und drei gezählte Wochen mit leeren Zeilen darunter, wirken so untätig. Inzwischen drängt es mich allerdings mit Macht zur Giraffe, denn in drei Monaten möchte ich komplett fertig sein mit Text, Satz, Illustrationen und Hör-CD.

Obwohl ich in dieser Woche noch einige andere wichtige Sachen erledigen muss, (alles das, was ich wegen der dringenden Sachen im Mai auf den Juni schieben musste), setze ich mich zwischendurch bewußt hin und arbeite am Giraffenbuch. Drei Wochen lang lag alles in einer Kiste, aber kaum puste ich den Staub ab und schlage mein handgeklebtes Manuskriptbuch auf, bin ich sofort wieder drin. Es macht überhaupt keine Schwierigkeiten dort anzuknüpfen, wo ich aufgehört habe. Und es macht Spaß! Im Juni und Juli werde ich meine Energie vorwiegend in das Buch stecken können und mache andere Sachen nur zwischendurch. Da ich sowieso nicht zehn Stunden am Tag illustrieren kann, passt das ganz gut. Wobei der Juni noch ein wenig arbeitsdurchwachsen ist, der Juli aber mein Urlaubsmonat wird, der komplett mir gehört.

Neben den Illustrationen sind jetzt auch die Aufnahmen für die Hör-CD ganz nah gerückt, denn im Juli werden die meisten meiner Dschungelsprecher in Urlaub fahren und vorher hätte ich sie gerne akustisch konserviert. Dazu muss ich ihnen die Texte zur Vorbereitung schicken und Aufnahmetermine ausmachen. Die Frösche haben dabei den einfachsten Part, denn textlich bewegen sie sich zwischen “Quaaaaak”, “Quaaak” und “Quak”. Mal sehen, was der Rolleninhaber, der die Frösche quakt (und zwar alle!), daraus macht und welche feinen Zwischentöne er rausholen kann. Es gibt Rollen, die fordern einfach alles.


Werde ich es schaffen im Juni alle Hörbuchsprecher aufzunehmen?
Werde ich die Giraffe und ihre Freunde vermissen, wenn sie fertig gezeichnet sind und ich mich nicht mehr in ihr Leben einmischen darf?
Und was passiert sonst noch?



Woche 47 - 10.Juni 2007
Während ich oben am Grillplatz sitze und illustriere, verwende ich eine ungewöhnliche Arbeitszutat. Eigentlich will ich sie geheim halten, von wegen Erfolgsgeheimnis und so, aber ehe es später mal Vermutungen und Gerüchte über nicht ganz saubere Arbeitsweisen gibt, verrate ich sie: Mein Wasser für die Aquarellfarben kommt in der Arbeitswoche 47 nicht aus dem Wasserhahn! Ich schöpfe es aus der vollen Wassertonne, um mir den langen Weg ganz oben vom Grillplatz zurück in die Küche und wieder rauf zum Grillplatz zu sparen. Neben der leichten Grünfärbung durch die Algen befinden sich im Wasser auch dürre Pflanzenteile und lebende Mückenlarven. Aktives Wasser sozusagen. Nebenbei färbt es das Papier schon beim ersten Wässern unmerklich urwaldgrün vor.

So richtige Unterschiede sehe ich nicht im Ergebnis bei Wasserhahnwasser- und Regentonnenwasser-Bildern, aber die grüne Farbe im Glas wirkt inspirierend. Sieht ja auch aus wie aus einem kleinen Dschungelsee geschöpft. Gut, dass die Mückenlarven nicht kleine Krokodile sind, die sich im Pinsel festbeißen würden!

Bei den Illustrationen ist die letzte schon fast fertig, aber einige davor fehlen noch. Irgendwie arbeite ich gerade rückwärts, aber ich lasse mich rein intuitiv leiten: Was will ich heute malen? Ein neues Bild vorzeichnen, ein vorgezeichnetes ausmalen oder ein fertiges neu machen? Noch kann ich in jeder Kategorie Arbeit finden. In den nächsten Tagen mache ich endlich auch die letzten Hör-CD- Aufnahmetermine aus und hoffe, dass die meisten noch im Juni stattfinden. 

Aufgenommen sind bis jetzt:
- Affen-Vater
- Affen-Onkel
- Affen-Tante
- Panther
- die Urwaldgeräusche

Die Besetzung der Eidechse und der Schlange tausche ich noch schnell, weil ich plötzlich finde, dass es dann stimmlich besser passt, und das Affenbaby bekommt seine Zwei-Wort-Rolle in eine Sechs-Wort-Rolle geändert. Das hört sich nicht nach viel an, besonders nicht, wenn dabei nur ein Wort mehrfach wiederholt wird, aber es wird ganz süß werden. 

Gesprochen werden müssen noch:
- Erzähler
- Giraffe
- Affen-Mutter
- Affen-Mädchen
- Affen-Junge
- Affen-Baby
- Eidechse
- Krokodil
- Warzenschwein
- Frösche
- Affe Makiki

Eingespielt werden muss noch:
- Hintergrundmusik

Ziemlich viel für knappe drei Wochen Zeit bis Ende Juni. Da passt es ja gut, dass ich am Freitag früh schon wieder in einen Kurz-Urlaub starte! Das ist auch der Grund, warum der nächste Bericht erst mit zwei Tagen Verspätung, am nächsten Dienstag erscheinen wird. Aber ich habe die wunderbare Möglichkeit in der Zwischenzeit die Verwendung von Salzwasser bei Illustrationen zu testen und das werde ich dann wohl machen. Vielleicht gehe ich auch einfach nur schwimmen und pfeife zwischendurch vergnügt vor mich hin.


Werden Mückenlarven genetisch beeinflußt, wenn sie von mir in farbigem Aquarellwasser mit strudeligem Schwung gerührt werden?
Sind Kurzurlaube wirklich gut, wenn ich bald mit dem Buch fertig sein möchte?
Und was passiert sonst noch?



Woche 48 - 17.Juni 2007
Die Woche ist sehr kurz, weil ich sie im letzten Teil kurzurlaubig am Meer verbringe, aber trotzdem schaffe ich es, neben Kofferpacken und Versorungseinkäufen für die Daheimbleibenden, vier Sprecher aufzunehmen. Eigentlich sogar fünf. Der Sprecher der Frösche mailt mir noch: “Ich quake mich schon ein...”, und sitzt am nächsten Vormittag neben mir am Tisch, vor uns zwei Latte Macchiato, in denen wir nicht rühren, weil das Klonkern der Löffel die Teich-Atmosphäre stören würde, und kollert minutenlang konzentriert und ganz ernsthaft ins Mikrofon: “Quuuuuuaaaaaak, Qurrrrrrrraaaak, Quack! ...”. Währenddessen denke ich, die Szene müsste man filmen, weil die völlig bekloppt aussieht: Eine Dame und ein Herr beim Latte Macchiato, er quaakt die ganze Zeit ernsthaft vor sich hin, während sie ihm interessiert zuhört.

Am nächsten Tag beim Krokodil verkabel ich mein Aufnahmegerät versehentlich falsch - unterhalten UND konzentrieren ist nicht so mein Ding -, so dass Auspacken, Aufbauen, Fehlersuche und Fehlerbeseitigung viel länger als die eigentliche Aufnahme der zwei Sätze dauern. Abgesehen von Abbau, Einpacken, Hin- und Rückfahrt. Das Krokodil bleibt gelassen und meint nur grinsend: “Lass dir Zeit!”, aber ich finde es trotzdem blöd, wenn meine Technikschwäche so deutlich zu merken ist, auch wenn ich immer wieder betone, dass ich sie habe. Kabel falsch stecken ist aber auch schon extrem dämlich. Aber für diese zwei Krokodilsätze hat sich der Aufwand dann doch gelohnt! Obwohl das Krokodil am Ende der Szene untertaucht, verzichte ich auf die passenden Live-Aufnahmen und werde das benötigte Blubbern später selber erzeugen. Momentan denke ich da an einen Strohhalm, mit dem ich Luft in die Regenwassertonne puste. Ich hoffe, ich muss nicht mit Mikrofon in den Baggersee springen, aber für eine gute Aufnahme wäre ich auch dazu bereit.

Der Affen-Junge und das Warzenschwein sprechen ihre Texte ebenfalls wunderbar ins Mikrofon, und überraschenderweise kommt ein fünfter Sprecher dazu, der gar nicht eingeplant ist, aber so schöne Affengeräusche machen kann, dass er zur Unterstützung der Affenszenen ebenfalls auf die Setliste und vor das Aufnahmegerät kommt.


Wären die gesammelten Tiergeräusche als Extra-Abmischung ein Hit als “Regenwald-Meditations-CD”?
Kann man bei penetrantem Gequake überhaupt meditieren?
Und was passiert sonst noch?


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