
Um mit gutem Beispiel voranzugehen und der Statistik einen kräftigen Schwung zu geben, waren wir in diesem Jahr nicht zu viert, sondern zu acht erschienen. Wir hatten uns sozusagen
verdoppelt. Das hatten zu unserer großen Überraschung aber auch alle anderen Besucher des Vorjahres getan, so dass der Saal mit 400 Zuschauern brechend voll und ausverkauft war. Superklasse. Natürlich brachte mich
das gleich wieder ans Überlegen. Wenn sich die Zuschauer in Koblenz in jedem Jahr verdoppelten, kämen im nächsten Jahr schon 800 Leute und im darauf folgenden 1600.
Das hieße, dass es im nächsten Jahr schon 2 Konzerte und im übernächsten 4 Konzerte geben müsste, um alle Zuschauer unterzubringen. Die 256 Konzerte im Jahr 2010 wären
auch noch zu machen, aber spätestens bei 204.800 Besuchern und damit 512 Koblenzer Konzerten im Jahr 2011 wäre irgendwie die Grenze erreicht. Und ich habe das dumpfe
Gefühl, dass die jetzt auch bei meinen Berechnungen erreicht ist.
In diesem Jahr passten die 400 Besucher exakt auf die 400 Stühle und ich fand, dass
ein Großteil des Publikums anders als sonst war. Der Altersdurchschnitt lag etwas höher und viele Besucher sahen aus, als ob sie sonst auch gerne zu Volksmusikabenden oder
Patrick Lindner gingen. Das sah auf den ersten Blick nicht so vielversprechend aus, aber ich hatte mich schwer getäuscht. Kaum ging das Saallicht aus, gab es begeistertes
Geschrei und lauten Vorapplaus. Auch die Wise Guys, die durch den ganzen Saal gehen mußten, um nach vorne auf die Bühne zu kommen, grinsten freudig überrascht in den
langen, lauten Applaus. Die ‘Showtime’ startete den Abend fetzig und die Stelle “Heut simmer hier!” wurde mit Jubel und Geklatsche kommentiert. Am Ende des Liedes natürlich
auch lautstarke Begeisterung und Dän grinste zur Begrüßung: “Da müssen wir die Stimmung fast ein wenig runterfahren am Anfang.” Danach sprudelte er Daten und
Reiseführerinfos über Koblenz herunter, kannte die Einwohnerzahlen, verwies auf die Römer und das ‘Castellum apud Confluentes’ und zeigte damit, dass die Wise Guys zu früh
vor Ort gewesen waren und er in seiner Verzweiflung alle ausliegenden Faltblätter auswendig gelernt hatte. Ich persönlich hätte die Dinger ja stundenlang lesen können,
ohne irgendwelche Infos zu behalten und war total baff, was er alles wußte und auf die Zuschauer losließ. Wahrscheinlich waren alle Anwesenden erschlagen davon, denn für
diese Leistung gab es kaum Reaktionen. Vielleicht hatten sie auch die Befürchtung, dass es den ganzen Abend so weitergehen würde. Gelächter gab es dann wieder auf die
Feststellung: “Wir sind zum zweitenmal in Koblenz und zum erstenmal ist der Saal voll.”
Beim ‘Frühlingslied’ gewann Clemens mit seiner Mimik sofort alle Sympathien. Das
Publikum lachte quietschend über sein ernstes, leidendes Gesicht und dieser Erfolg stachelte ihn zu noch intensiveren Ausdrücken an. Superklasse! Die Refrainzeile “Anna
hat Migräne” wurde vom Publikum laut mitgesungen und zum Schluß startete lautes Gekreisch und Geklatsche.
Ohne weitere Ansage ging es mit ‘Ich war noch niemals in New York’ weiter und die
Zuschauer klatschen begeistert auf 1 und 3 mit. Zu meinem Entsetzen sah ich, dass unsere Kinder, die zwei Reihen vor uns saßen, auch auf 1 und 3 mitklatschten! Ey, das gibt Ärger!
Taschengeldentzug! Computerverbot!! “Wie oft habe ich euch gesagt, dass ihr niemals, wirklich NIEMALS auf 1 und 3 klatschen sollt!!?? Wenn ich das nochmal erlebe, könnt ihr was erleben!! Das wird jetzt geübt. Los! 1-2
-3-4. Und wehe es klatscht einer zu früh!!” (Wir verstehen uns übrigens mit unseren Kindern sehr gut und solche Kommentare von mir
nehmen sie nicht besonders ernst.) Abgesehen vom Mitklatschen war das Lied aber prima und ich mag den kleinen, aber superguten Tanz am Ende besonders gerne. Sehr süß!
Der Klang war übrigens sehr schön. Ich hatte nichts zu meckern, konnte alle Stimmen gut hören und fand es sehr ausgewogen. Nicht zu viel Hall, kein sumpfiger Sound oder
sonstwas. Um meine Ohren richtig voller Wise Guys Sound und damit klasse. Ein Grund mehr für mich, dieses Konzert fröhlich entspannt zu genießen.
Für die Zuschauer-Umfrage ging das Saallicht an und eine Gruppe Fans in den ersten Reihen hielt kreischend und lachend viele Papierblätter hoch. Die Wise Guys guckten
interessiert und Dän grinste charmant: “Da steht WISE GUYS, also von uns aus GUYS WISE, aber wir wissen ja, was gemeint ist. Danke.” Die Neuhörer wurden von Dän auf
den ersten Blick als 38,4% erkannt und im Gelächter der Zuschauer wunderte ich mich, wie er das so schnell feststellen konnte. Ich rechnete dann sofort nach und - es stimmte
tatsächlich! *grins* Allerdings gab es nur ganz wenige Koblenzer und Dän, der wahrscheinlich die ganze Zeit über verzweifelt war, weil seine Ortskenntnisse nicht
angekommen waren, atmete auf: “Darum haben Sie auf mein geballtes Wissen nicht reagiert.” Der einzige Düsseldorfer des Abends, der sich traute aufzustehen, war dann
doch keiner. “Da hinten steht einer; ist das Düsseldorf?” “Nee, der steht schon die ganze Zeit.”
Weil das Leben so kurz ist, wurde das Lied sehr schnell gesungen und die Mitklatscher
kamen nicht mit. Allerdings fand ich es in dem Tempo etwas zu hektisch, zumal das Lied selber ja schon sehr staccatomäßig angelegt ist, und mag es lieber ein wenig langsamer.
Die Single-Moderation war super. Gekicher und großes Vergnügen bei den Zuschauern und die lange Pause nach dem ersten “Geborgenheit” reichte aus, um im Saal lauten
Applaus auszulösen. Da scheinen viele geheime Sehnsüchte angesprochen zu werden. ‘Oh, Scheisse’ dann sehr schön, ab und zu Gelächter, aber auch immer wieder fast atemlose Stille bei den Zuhörern.
Clemens wurde im Verlauf der ‘heißen Liebe’ wieder mal zum Strophensänger degradiert, während die Show im Hintergrund ablief. Am Ende zog Sari alle Blicke auf sich und war
einfach klasse. Der kann sich ja bewegen! Sehr witzig und total klasse!
Noch temperamentvoller ging es mit ‘Die Frau hat Rhythmus’ weiter. Ein Lied von 1997, aus
der Kiste gekramt und total klasse. Sag ich ja schon immer, dass dieses Lied gut abgeht und unterschätzt wird. Im Übrigen wäre ich sehr dafür, dass es generell einen
Monats-Oldie gäbe. Wäre für die Zuschauer sehr interessant und gleichzeitig für die Wise Guys eine gute Übung für die nächste Totalnacht. Von mir aus könnten sie sich den
auch immer selber aussuchen und nicht in dubiosen Umfragen ermitteln lassen.
Vor dem letzten Lied vor der Pause, die Ankündigung wurde vom Saal mit langgezogenem
“Oooooooh!” kommentiert, zählte Dän genüßlich die letzten Unfälle seines Kollegen Eddi auf. Irgendwie ließ er es dabei an Mitleid fehlen und die Story war reine Comedy, aber
leider wahr. Wer weiß, vielleicht baut Eddi das mit weiteren Schrammen aus, weil es so erfolgreich ist.
‘Mädchen lach doch mal’ ließ auch die Zuschauer laut lachen, die supergute Stimmung im
Saal konnte man auch auf der Bühne finden und es ging mit breitem Grinsen in die Pause.
Weiter ging es danach mit ‘Wenn sie tanzt’. Leider hielt am Anfang das aufgedrehte
Publikum die ernste Miene von Clemens für den Beginn einer weiteren lustigen Nummer und lachte immer wieder los. Schade, denn er guckte einfach normal ernst, löste mit
jedem Blick ins Publikum aber neues Gelächter aus. Däns angeschlagene Stimme war ziemlich rauh, und obwohl ich ihm gesundheitsmäßig natürlich eine Besserung wünschte,
mag ich so eine rauhe Stimme ja immer besonders gerne. Er muß da aber nicht weiterhin Rücksicht auf mich nehmen, sondern darf auch gerne mal wieder ganz gesund werden.
Mein persönlicher Höhepunkt und unerwartet tiefer Absturz war dann der ‘Kaiser Franz’. Betonung: MEIN Absturz. Eddi demonstrierte den Grillen ihr Geräusch, das mit einem
lauten Plopp endete. “Eine Python-Grille, die am Ende explodiert” verdeutlichte Dän passend. Und obwohl vor dem Übungseinsatz ein gequältes: “Nein, Hilfe!!” aus den
Zuschauerreihen kam, war das Ergebnis supergut. “Das wird kaum zu schlagen sein!” lobte Dän anerkennend. Und dann waren die Kröten dran. Yeah!! Ich war eine Kröte!!! Endlich
kein blöder Uhu, der das Geräusch nicht pfeifen kann. Meine Sternstunde war gekommen! Ich würde ihnen aber sowas von einem Krötengeräusch hinlegen, das hatten sie noch nie
gehört. Wow! Kröten nach vorne! Sari machte es vor, Clemens gab den Einsatz - und die Kröten rollten jämmerlich ein kaum zu hörendes “rrrrr”. Oh, nein! Clemens guckte nicht
besonders begeistert und ich war verzweifelt. Was war los mit den Kröten?
In der Zwischenzeit übte Clemens schon mit den Uhus und brachte den Saal mit seiner
gerollten Zunge und seinem damit extrem dämlichen Aussehen an die Grenzen der Belastung. Japsendes Gelächter und tränengewischte Augen waren die Folge. Bei der
letzten gemeinsamen Übung krötete ich mit voller Kraft, aber um mich herum blieben fast alle stumm und ich machte mich zum Affen, beziehungsweise zur Kröte, ohne dass es was
brachte. Ein resignierter Dän sagte nur: “Von den Kröten kommt gar nix. OK, Kröten sind im Winterschlaf.” *heul*
Die Atmo-Ballade kam mit ihrem verdrehten Humor sehr gut an, der Wald war voll mit
Uhus und explodierenden Python-Grillen, und Clemens guckte verächtlich und winkte die kaum vorhandenen Kröten mit einer abfälligen Handbewegung ganz ab. Ich stürzte ganz
tief in die Verzweiflung. Ich hatte eine Chance und war kläglich gescheitert. Das Leben konnte so hart sein. Ab jetzt würde ich mich in mein Schicksal ergeben und nur noch mental Nebel erzeugen.
Meine Laune stieg sofort, als Sari bei ‘Willst du mit mir gehen’ über die Bühne wirbelte. Entzücktes Gekreisch und wenig damenhaftes Gejohle begleitete seine Darbeitung. Ein
supergutes Lied! Und auch das folgende ‘When I’m 64’ löste die übliche Begeisterung aus. Es wurde viel und laut gelacht, aber immer nur ganz kurz und sofort wieder aufmerksam
auf den Text gehört. Ein tolles Publikum! Allerdings klatschte es häufig auf 1 und 3 und die Fangruppe mit den Blättern fand ich auch etwas an der Grenze. Ihr Geschrei und
Gekreisch machte einerseits Stimmung, war manchmal aber auch schon ein wenig störend. In letzter Zeit gab es sowieso immer häufiger Konzerte, die fast an Boygroup-Auftritte
erinnerten, weil sich sehr junge Fans extrem laut und aufgedreht in den ersten Reihen die Stimme aus dem Hals schrieen. So hin und wieder finde ich das superlustig, aber
stark gehäuft und unnatürlich abgedreht kann es dann doch nerven. Das hat dann nichts mehr mit guter Stimmung zu tun, sondern ist eher eine Form der lauten Selbstdarstellung.
Außerdem ein sehr seltsamer Kontrast zu den netten, normalen und ganz natürlichen Wise Guys.
‘Sensationell’ fand ich wie immer total klasse und achtete wieder verzückt auf die vielen
Sachen, die im Background vorkamen. Ich liebe es einfach: Das schön beatlelige ‘Yeah, yeah, yeah’, die Polizeisirene, das ‘I love you’ mit den zugehaltenen Nasen..... Supergroßes
Lob. Allerdings der Schluß. *räusper* Dän erklärte danach: “Wir hatten keine Zeit für einen Schluß”. Na, super! Dann habe ich jetzt auch keine Zeit für den Schluß des Konzertberichtes!