17. März 2001   Gloria-Theater, Köln

BASTA

- “BASTA sind besser als die WISE GUYS!” -
- “Die sind so wie die WISE GUYS vor fünf Jahren.” -
- “Ihre Texte sind noch sehr primitiv. Das ist eher was für Jüngere.” -
- “Musikalisch phantastisch!” -
- “Die von BASTA sind arrogant.” -
- “BASTA wird total gepusht.” -
- “Vielversprechende Newcomer!” -
- “Die beliebteste Kölner a-cappella-Gruppe” -
- “Wie kann eine Gruppe, die kaum Auftritte hat, zur
beliebtesten Kölner a-cappella-Gruppe werden?” -
- “Die sind schon sehr gut, aber noch weit von den WISE GUYS entfernt!” -
- “Die machen bewußt so wenig Auftritte, um sich rar zu machen.” -
- “Die haben keine selbstgeschriebenen Lieder” -
- “Die schreiben viel selbst” -

Diese Äußerungen hatte ich im Laufe der letzten Monate über die a-cappella-Gruppe BASTA gehört. Auch in den Zeitungen standen immer wieder Artikel, die die Qualität der  Gruppe beschworen und ankündigten, dass die Kölner a-cappella-Szene jetzt neu gemischt würde. Es wurde Zeit, mir ein eigenes Bild zu machen. Waren sie wirklich besser als die WISE GUYS? Waren sie netter, reicher, berühmter, besser aussehend und charmanter?? War es an der Zeit die WISE GUYS Seiten zu löschen und alles für die Konkurrenz-Gruppe freizuräumen?

Natürlich hoffte ich, dass BASTA grauenhaft singen und dazu absolut unsympathisch auftreten würde. Das würde es mir leicht machen, darüber zu schreiben. BASTA schlecht, WISE GUYS super, ein klares Bild, mit dem ich gut leben könnte. Feststellen zu müssen, dass BASTA besser ist, und das auch noch laut zu sagen,  würde mir wirklich weh tun. Wie konnte ich BASTA eigentlich unter diesen Voraussetzungen noch offen und neutral entgegengehen? Gar nicht. Trotzdem nahm ich mir vor, so objektiv wie möglich an die Sache heranzugehen. Ich freute mich allerdings gar nicht auf den Abend. Ich fühlte mich wie eine Verräterin. Was war, wenn ich sie supertoll fand?

Bei allem wußte ich, dass dieser Bericht auch noch von vielen Leuten gelesen wird, die kritisch testen würden, ob ich objektiv geblieben bin. Super! Na, egal. Diese Suppe hatte ich mir eingebrockt und jetzt würde ich sie mit Anstand und der mir möglichen Eleganz auslöffeln müssen. Ungeachtet der Möglichkeit, dass ich nachher von einer oder sogar beiden Seiten die Kelle um die Ohren gehauen bekommen könnte.

Ehrlich gesagt, war ich den ganzen Tag über sehr nervös. Was ich in den letzten Tagen gehört und gelesen hatte, klang nicht sehr gut für die WISE GUYS. Da schien eine Gruppe nachgewachsen zu sein, die den ersten Platz der Kölner a-cappella-Szene für sich beanspruchte. Mit mulmigem Gefühl ging ich ins Gloria-Theater. Mist, keine Sitzplätze! Fand ich schon blöd, aber na ja. Ich suchte mir einen guten Überblickplatz auf dem erhöhten Podest und stand mir die Beine in den Bauch, während der Raum sich mit Publikum und Zigarettenqualm füllte. Viele der meist jungen Zuschauer sahen etwas szenemäßig gestylt aus, und es war wirklich ein wenig anders, als bei einem WISE GUYS Konzert. Ich fühlte mich wie eine Spionin. Sah man mir eigentlich an, dass ich in Wahrheit nicht dazugehörte?

Um 20 Uhr sollte es losgehen, um 20 Uhr 20 hob sich endlich der Vorhang. Stars können sich das erlauben. Der Opener war die “Biene Maja”. Eindrucksvolle Choreographie, besonders witzig, als auf die Maja getreten wurde, viel dum-dum im Hintergrund und eine Karel-Gott-Leadstimme. Recht witzig und passend für eine Comedy-Show, aber noch nicht besonders gut. Danach kam ein Schlager über “Gabi”, dann das Anfangslied von “Wicki” und ich sah mir die nette Show an, grinste wenn es witzig wurde, und kam mir ganz schön blöd vor. Wer hatte mich hier verarscht? Das sollte die supergute a-cappella-Gruppe sein, über die die Presse laut jubelte? Ich hörte eine oft hektische Begleitung, es wurde sehr häufig nicht sauber gesungen, es gab keine Dynamik, es war nicht rund und über die Textqualität möchte ich gar nicht reden. Klar, sie hatten viel Humor, machten eine gute Show und groovten laut ab, aber das reichte nicht. Es war mehr kultig, als gut. Auf einer lustigen Party mit guten Leuten findet man das klasse, aber für ein professionelles Konzert war mir das alles zu platt und nicht gekonnt genug. Ihr schräges “Satisfaction” war mit den Blockflöten sehr witzig und wirklich gut gebracht, aber dafür musste man keine a-cappella-Gruppe sein!

Schon in der Pause war mir klar, dass man die WISE GUYS nicht mit BASTA vergleichen konnte. Das waren zwei völlig verschiedene Sachen, die auch im Qualitätsanspruch weit auseinander lagen. Die BASTAS selbst kamen mir normal, nett und nicht arrogant vor. Sie hatten Humor, lachten viel und zogen ihre Show gut ab. Die Stimmung beim Publikum war wirklich sehr gut und es gab auch viele jubelnde Fans (Party! Party!), aber für mich war BASTA eine von vielen a-cappella-Gruppen. Nett, aber nicht wirklich gut.

Recht schön das erste Lied nach der Pause, bei dem sie nacheinander einsetzten, um die einzelnen Stimmen vorzuführen, aber die Solostellen fielen ab und bevor es wieder besser wurde, war es zu Ende. Die zweite Hälfte des Konzertes war qualitätsmäßig eindeutig besser, aber wenn nicht sowieso mit neuem Text gecovert wurde, kam mir die Melodie auch bei den selbstgeschriebenen Liedern bekannt vor. Mir ging das Lied der Prinzen durch den Kopf: “Es ist alles nur geklaut....” Es gab nichts Neues, nichts Eigenes. Und es hörte sich alles sehr ähnlich an. Hübsch war der Refrain in “armer, kleiner Pilot” und gut gefallen hat mir nur “Lara”. Zwischendurch gab es durchaus schöne Stellen, aber meistens war es witzig, aber musikalisch nicht beeindruckend. Wie zum Beispiel ein rhythmisch toller Rap, der supergute Comedy war, für die man aber auch wieder keine a-cappella-Gruppe sein musste. Das hat Hape Kerkeling mit seinem “Helsinki is hell” auch hingekriegt.

Was stand so groß auf dem optisch wirklich tollen BASTA-Plakat? Schräge a-cappella mit Hitqualität? Also, nein, Hitqualität hatte da kein einziger Song! Schräg war’s schon manchmal. Ich fragte mich, wer für die überschwänglichen Zeitungsartikel verantwortlich war. Nach dem Lesen einiger Artikel hatte ich wirklich geglaubt, dass BASTA frech, stimmlich perfekt und vor allem sehr professionell war. Was ich an diesem Abend sah, war weit davon entfernt. An einen Umsturz der a-cappella-Szene war wirklich nicht zu denken. Und ich hatte mir Sorgen gemacht! Irgendwie hatte ich das dumme Gefühl, dass BASTA mit Hilfe der tollen Artikel beliebt und bekannt gemacht werden sollte. Dazu paßte jetzt auch meine Feststellung, dass sehr viele Leute, die ich gefragt hatte, von der Aufsteiger-Gruppe gelesen, aber kaum einer sie schon gehört hatte. Aber alle hatten sie lobend und anerkennend als direkte Gefahr für die WISE GUYS eingeschätzt. OK, BASTA hatte seine Fans, was auch völlig in Ordnung war. Man konnte in einem Konzert von ihnen viel Spaß haben und mit guter Laune der Show und gut geübten Choreographie zusehen. Auch die Lieder waren oft witzig und unterhaltsam. Aber selbst wenn ich kein WISE GUYS Fan wäre, hätte mich der Abend nicht weiter beeindruckt.

Schlußbemerkung: Das war wohl nichts. Nett und amüsant, aber vom ‘neuen Stern am a-cappella-Himmel’ habe ich nichts gesehen. Und ich bin wirklich ganz ehrlich und hätte es bemerkt und auch offen geschrieben, wenn es sehr gut gewesen wäre! BASTA muss noch eine Menge an a-cappella-Qualität gewinnen, oder sich ganz der Show- und Comedy-Richtung zuwenden, um wirklich zu leuchten. Ich glaube sogar, dass sie eher in der Comedy sehr gut und wirklich erfolgreich wären. Und da könnte man anerkennend sagen: “Die können ja sogar ganz gut singen!”

Und eigentlich wollte ich zunächst noch auf die Moderationen, die einzelnen Stimmen und ihre große Klappe in Interviews eingehen, aber das ist mir inzwischen viel zu blöd. BASTA scheinen nette Jungs zu sein, die noch nicht wissen, dass man vielleicht künstlich nach oben gebracht werden kann, sich dort aber ohne Qualität nicht lange hält. Und ganz wichtig: BASTA sollte nicht den Fehler machen und alles glauben, was über sie in der Zeitung steht.

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Nachtrag, November 2001:
Weil mein erster Bericht so schlecht ausgefallen ist, wollte ich BASTA nochmal anhören und auch mit mir sehr kritisch sein. Klar, ich bin bekennender Wise Guys Fan, aber ich bin darum ja nicht grundsätzlich gegen alle anderen A-cappella-Gruppen. Um noch einmal ganz genau zuzuhören, ging ich am 2.11.2001 erneut in ein BASTA-Konzert. Es war der gleiche Veranstaltungsort, an dem ich die Wise Guys zum ersten Mal im Leben live gehört hatte. Ein prickelnd-direkter Vergleich also und ich war sehr gespannt.

Um es mal gleich zu sagen: Ich war immer noch nicht begeistert. Das ist auch der Grund, warum ich nicht noch einen Bericht geschrieben habe. Außerdem war der Klang so grottenschlecht, dass im hinteren Drittel des Raumes der Text kaum noch zu verstehen war. Das Konzert an sich war ganz in Ordnung, stimmlich etwas sauberer als beim letzten Konzert und in der Art lustig, wie es eben bei BASTA ist. Das ist unterhaltsam, mir aber zu wenig Qualität. Höhepunkte für mich: Das Drauftreten auf die Biene Maja, (das Lied an sich finde ich zu simpel und albern), die Anmoderation zu ‘Bindungsangst’ (immer wieder schön die Publikumsreaktion zu beobachten, außerdem eine wirklich witzige Idee!) und ‘Satisfaction’ (was mit den Blockflöten und dem verschobenen Rhythmus total klasse ist). Dafür ein ganzes Konzert anzuhören war dann aber doch etwas viel. Während des zweiten Teiles nach der Pause saß ich auf meinem Platz und dachte plötzlich: “Hier saß ich damals bei den Wise Guys, war total begeistert und wußte, dass ich ganz sicher möglichst schnell nochmal in ein Konzert von ihnen gehen würde. Und jetzt? Wenn mich einer fragen würde wie’s war, würde ich sagen: Ach, ganz nett, aber ich würde nicht nochmal hingehen.”

Die Stimmung war trotzdem ziemlich gut, die jungen Fans in den vorderen Reihen waren begeistert, allerdings war alles weit vom tosenden Applaus entfernt, den die Wise Guys bei ihren Konzerten dort ausgelöst hatten. Einige Bekannte von mir, die ich in der Pause traf, fanden BASTA ganz klasse, hatten bis dahin aber auch noch niemals A-cappella-Musik gehört und waren überrascht, wie lustig das sein konnte. (Ich hätte sie ja am liebsten mal zu den Wise Guys geschickt, habe mir das aber ganz neutral verkniffen.) Meine eigene Meinung hatte sich aber bestätigt und ich wußte, dass ich BASTA wirklich nicht so gut finde. Nett, unterhaltsam, aber das gewisse Prickeln, das mich den Künstler oder die Gruppe in meine persönliche A-Sortierung einreihen lässt, tauchte nur hin und wieder mal auf und war viel zu schnell wieder weg.

Das ist meine eigene, persönliche Meinung. BASTA hat viele Fans und das ist völlig in Ordnung und ich wünsche ihnen Erfolg und Freude und Glück, aber bis zum nächsten Konzert von ihnen lasse ICH mir erstmal eine Menge Zeit. Wenn ich aber jemals von einem BASTA-Konzert begeistert sein sollte, werde ich sofort einen dicken Bericht darüber schreiben - versprochen!!

Ich weiß, das ist jetzt gemein, aber am Schönsten vom ganzen Abend fand ich, dass ich während der Pause und nach dem Konzert ziemlich oft die Frage hörte: “Wann sind denn die Wise Guys mal wieder da?”  

Und noch ein Nachtrag, Mai 2003:

Liebe Basta-Fans.
Mir ist klar, dass ihr meine Beurteilung der Basta-Konzerte nicht in Ordnung findet, wie ich immer mal wieder in unterschiedlich netter Form durch Mails und Gästebucheinträge erfahre. Als Fan wäre ich da wahrscheinlich auch sauer, wenn jemand meine Lieblingsgruppe nicht gut beurteilt, aber es glaubt doch wohl keiner im Ernst, dass ich die Bastas schlecht machen will, weil ich die Wise Guys gut finde? Das wäre ja wohl ein bißchen billig, oder? Außerdem würde meine persönliche Meinung Basta sicher nicht davon abhalten an allen anderen Gruppen vorbei an die A-cappella-Spitze zu ziehen. Wenn sie gut sind, werden sie es dorthin schaffen.

Zu meinem ersten Konzert bin ich in der Erwartung gegangen, dass Basta supergut ist und ich eine wirklich tolle Show erlebe. Wenn es so gewesen wäre, hätte ich es auch so geschrieben. Aber ich war auch vom zweiten Konzert nicht begeistert. Das lag ganz sicher nicht an irgendeiner vorgefertigten Meinung, denn ich habe überhaupt nichts gegen die Jungs und sie kommen mir sehr nett vor. (Und Sascha ist ja wohl total süß, oder?) Trotzdem haben mich ihre Konzerte nicht überzeugt, und zu dieser Meinung stehe ich weiterhin, bis ich vielleicht irgendwann einmal vom Gegenteil überzeugt werde.

Warten wir doch einfach mal ab, wo Basta in zwei Jahren steht. Wenn sie wirklich so gut sind, wie ihre harten Fans es mir sagen, müssten sie es doch dann locker hoch in die Charts und in Riesen-Konzertsäle geschafft haben. Ich bin mal gespannt.

Schöne Grüße
von Anette

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