Obwohl ich einige Jahre nur wenige Straßen entfernt wohnte, hatte ich das ‘Limelight’ nie vorher gesehen. Es lag nämlich
in dem damals abgesperrten Viertel der belgischen Soldaten in Köln-Junkersdorf und ich ahnte nicht, dass alles einmal geöffnet und zu Wohnungen umgebaut werden würde. Mitten in diesem Baustellen-Wohngebiet, gleich
neben einer alten, total netten Holzkirche, stand der denkmalgeschützte Kino- und Konzertsaal aus den 50er Jahren. Liebevoll renoviert, und ich war gleich begeistert. Plüschig-gold-rot, mit kleinen runden Tischen, einer
Bar in der Mitte, zwei weiteren am Ende und einer geschwungenen Bühne mit kompletter Showtreppe. Von innen viel größer als geahnt und mit genug Platz um gemütlich zu sitzen. Am Tisch konnte man Getränke und kleine
Gerichte bestellen, und alles war altmodisch-glamourös und sehr schön. Für eine WDR-Aufzeichnung fand ich aber, dass es eine Menge Kameras waren, die im Raum verteilt waren und sich in geballter Form genau vor mir
sammelten. Na, egal, die würden schon in Richtung Bühne verschwinden und ich würde von meinem Platz auf der ersten Erhöhungsstufe wunderbar sehen können. Ich lehnte mich zufrieden in meinen kleinen, süßen, etwas
ungemütlichen Sessel zurück und beobachtete, wie drei Bodyguards in schwarzen Anzügen über die Bühne schritten. Häh? Wer brauchte denn hier Personenschutz? Mit ernstem Gesichtsausdruck begaben sich die Herren an den
Bühnenrand, setzten sich an Flügel, Bass und Saxophon, und waren das Orchester. Die Musik war locker und jazzig, ich erblickte ganz kurz Horst Schroth in der Kulisse, sagte Rüdiger ein triumphierendes: “Ätsch, ich habe
aber Herrn Schroth gesehen!” um bekam ein lässiges “Ich auch!” zurück. Dann ging es los. Noch nicht mit der richtigen Aufzeichnung, sondern mit der auflockernden Begrüßung. Gerburg Jahnke und Horst Schroth kamen auf
die Bühne und diesmal sah ich Herrn Schroth überhaupt nicht, weil eine dicke Kamera genau vor mir stand. Zu meinem Schrecken aber mit dem Objektiv zu mir. Ohje, jetzt hieß es locker bleiben, vergnügt zu lachen, den Riesenapparat, der einen Meter vor mir
stand, komplett zu übersehen und interessiert in die Richtung zu blicken, in der ich Horst Schroth vermutete. Ich überlegte kurzfristig, ob ich stark schielend in die Kamera grinsen sollte, um für diesen
Abend von den Nahaufnahmen erlöst zu sein, traute mich dann aber nicht. Wahrscheinlich hätten sie genau diese Aufnahme gesendet und auch noch bei Stefan Raab wiederholt. Nee, danke.
Nach einer Weile drehte die Kamera sich ein Stück zur Seite, nahm andere Leute ins Visier, und ich konnte endlich die Darsteller auf der Bühne sehen. Gerburg Jahnke hatte ich schon oft in
Missfits-Fernsehauftritten gesehen und ich hatte das Gefühl sie sehr gut zu kennen. Witzig, aber auch ein bißchen unheimlich, denn ich hatte sie noch nie in ‘echt’ gesehen. Sie war mir
so absolut vertraut in allen Bewegungen, der Mimik und ihrer Stimme, dass ich sogar überlegte, ob ich sie nicht doch schon mal getroffen hatte. Nein, hatte ich ganz sicher nicht.
Es war immer nur eine sehr einseitige Begegnung in meinem Wohnzimmer vor dem Fernseher gewesen. Nach der Aufwärm-Moderation ging es ganz schnell mit der richtigen Aufzeichnung los,
Kameras schwenkten hin und her, Kabelträger hockten auf dem Boden, der Kamerakran schwenkte in rasantem Tempo knapp über den Köpfen der Zuschauer entlang, der
Aufnahmeleiter gab Zeichen und es war überall etwas los. Leider blieb die dicke Kamera vor mir stehen, drehte sich manchmal überraschend mit Schwung um und begann rot zu leuchten.
Schock. Nein, ich tauchte nicht ständig als Großaufnahme auf, aber die Zuschauer blieben eben auch weiterhin ein häufiges Ziel. Als Gerburg Jahnke ein abgesprochenes Stichwort gab, setzte planmäßig das Orchester ein,
aber sie hatte sich vertan und es zu früh ausgesprochen. Mit Gelächter wurde abgebrochen und die letzten Sätze erneut gedreht. Pannen sind immer witzig für die Zuschauer. Auf einer
Nebenbühne brachte dann Andreas Rebers seine Kurz-Vorstellung. Er spielte einen Lehrer während der Pausenaufsicht und war wieder viel zu echt, um laute Lacher auszulösen. Genau
solche Pädagogen kannte ich und es war beklemmend realistisch. Trotzdem nahm ich mir vor, mal in eine komplette Vorstellung von ihm zu gehen, denn er war hammerhart und traf den Punkt.
Rosemie Warth kannte ich bis dahin nicht mal vom Namen und war sehr gespannt. Sie kam in einem unmöglichen Kleid und auf älter gestylt auf die Bühne, schwäbelte und war
liebenswürdig und mitreißend. Das Publikum wurde sofort locker, sie war lustig und sah sehr witzig aus. Nicht so die sensible Komik, aber schnell greifendes Straßentheater.
Danach Mark Britton, der einen kurzen Ausschnitt aus seinem Programm gab und für die kurze Eingewöhnungszeit und das etwas lahme Publikum recht gut ankam. Aber 6 Minuten
reichen eigentlich für Andreas Rebers oder Mark Britton nicht, um ihre Art richtig zu erfassen und zu verstehen, was sie meinen. Für die Zwischenmoderation kam Jochen Malmsheimer von seinem Platz an der Bar bis an
den Flügel, verteilte Getränke und begann mit Gerburg Jahnke ein Gespräch über Kinder. Als sie fast fertig waren, setzte ihr Mikrofon aus, es gab Knacksen und Rauschen und die Szene
mußte abgebrochen werden. Gelächter im Publikum als der Aufnahmeleiter bestimmte, dass das komplette Gespräch neu gedreht werden müsse. “Mit den Getränken??” Jochen
Malmsheimer stöhnte: “Ich war so froh, dass ich den Text konnte.” Mit Blick auf das Publikum: “Wenn ich jetzt was auslasse, ergänzen Sie bitte selbständig!” Gerburg Jahnke
musste sich in der Garderobe ein neues Mikrofon verpassen lassen, und Rosemie Warth kam spontan auf die Bühne geschossen: “Ich mache schnell a bissle Stimmung!” und tanzte zur
Freude der Zuschauer herum. Sehr witzig. Als Gerburg Jahnke zurückkam, grinste sie: “Eins, Eins, Test, Test, Scheiße!” und die Szene wurde nochmal gedreht. Herr Malmsheimer rasselte
seinen Text viel schneller als vorher herunter und war wahrscheinlich froh, dass er durchkam. Nächster Punkt war wieder Rosemie Warth, die eine Artistik-Nummer bringen wollte, dazu
aber Helfer aus dem Publikum brauchte. Sehr lustig alles und ein Vergnügen zuzusehen. Ob sie aber in einem ganzen Solo-Abendprogramm auf diesem Spaßniveau bleiben könnte? (Das
ist jetzt kein richtiger Zweifel, sondern eine Überlegung, die ich beantworten kann, wenn ich mal im Programm von ihr war.) Zum Abschluß kamen alle auf die Bühne, Rosemie Warth spielte “I feel good” auf der Tuba,
das Orchester spielte mit und es gab ein singendes, winkendes Finale. Ein paar nette Abschiedsworte von Gerburg Jahnke und Horst Schroth, dann eine laute Regieanweisung an
die Kameraleute und die Aufzeichnung war beendet. Wir blieben noch eine Weile sitzen und fanden es spannend, wie die Darsteller privat aussahen. Alle auf jeden Fall jünger als in
Bühnenkleidung. Horst Schroth wirkte in seiner roten Collegejacke seltsamerweise verkleideter als vorher im Anzug, Gerburg Jahnke kam flott, nett lächelnd und sehr
jungendlich vorbei, Andreas Rebers sah nicht mehr wie ein Beamter aus, und Mark Britton war zum großen Kind mit strubbeligen Haaren geworden. Rosemie Warth erkannte ich nur an
ihrer Frisur und der Tuba wieder und konnte keine weitere Ähnlichkeit mehr mit der älteren Frau im roten Kleid sehen. Sehr verblüffend. Insgesamt ein interessanter Abend in wunderschöner Umgebung, auch wenn es nicht
umwerfend temperamentvoll zuging. Mir hat es trotzdem gefallen und ich überlege schon, wo ich beim nächsten Mal sitzen könnte, um gut sehen zu können, aber selbst nicht von der dicken Kamera gesehen werden kann.
Die Sendung kommt übrigens am 18.10.2002 im WDR-Fernsehen. (Das Bild ist von der Horst-paß-auf-Homepage) |