20 .Oktober 2001   Comedia, Köln

Auf der Bühne glänzende, muskelbepackte Männerkörper mit nur wenig, körperbetonter Unterwäsche, die sich im Scheinwerferlicht sehr männlich bewegen und dabei weiter entkleiden. Davor kreischende Frauen, die fast kollabieren, wenn sie die Waschbrettbauchrollen durchzählen und noch beim nächsten Kegelschwesternausflug nach Mallllorca  mit strahlenden Augen davon berichten können. In der ersten Reihe ich.
Brrr! Mein absoluter Albtraum der Abendunterhaltung. Die seltsamen Männer könnte ich wahrscheinlich gerade noch verkraften, nicht aber die durchgedrehten Frauen.

Die “Ladies Night” des Kölner Comedy-Festivals hieß so, weil nur Frauen auf der Bühne standen. Bis auf ein Duo, das aus zwei Männern bestand. Fand ich zuerst seltsam und hatte dann auch tatsächlich noch mit Strip zu tun - davon aber später mehr.

Die Moderatorin des Abends war Hertha Schwätzig, die groß und drall mit wuchtiger Perücke und glitzerndem Dirndl auf die Bühne kam. Eigentlich wirkte sie persönlich ganz nett, ihre Einleitungssprüche hauten mich jedoch nicht eben vom Stuhl. Auch ihr Motto-Lied “Das Leben ist hart, aber ich bin Hertha”, war außer der Refrainzeile nicht besonders gut, dafür aber zu lang. Glücklicherweise endete es mal und sie kündigte Krissie Illing an.

Da war ich besonders gespannt, denn Krissie Illing war lange Zeit mit Mark Britton zusammen als Duo ‘Nickelodeon’ unterwegs gewesen, und ich hatte sie so vor einigen Jahren im Fernsehen gesehen und absolut großartig gefunden. Auch in der Comedia begann die Begeisterung, als sie die Bühne betrat. Klein, zierlich, mit hochgeschlossenem Mantel, viereckiger Handtasche und dicker, schwarzer Brille, dazu eine sehr breite Perücke, die sie noch schmaler erscheinen ließ. Als Krönung ein weitaufgerissener, breiter Mund mit fürchterlichem Überbiß, der sie fast zu einer Karrikatur machte. “Mut zur Häßlichkeit!” flüsterte Rüdiger mir anerkennend zu. (Wieso findet er sowas bei anderen Frauen eigentlich gut, während er mich bei gleicher Grimasse mit großen Augen fragt: “Was is’n mit dir los?”) Während das Publikum durchgehend kicherte und lachte, stolzierte Krissie Illing über die Bühne, sagte ihren einzigen Satz: “I’m waiting for a man”, und setzte sich an einen kleinen Tisch. Da der Mann nicht zum Treffen erschien, trank sie den Wein schließlich alleine und flippte gut gelaunt aus. Der dunkle Mantel wurde ausgezogen und zum Vorschein kam ein rasantes, pinkfarbenes, sehr lückenhaftes Minikleid, das zu ihrem witzigen Gesicht viel unpassender erschien, als die altmodische Kleidung. Sie wirbelte tanzend über die Bühne, war total süß und sah trotz ihrer Grimassen richtig klasse aus. Allerdings konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, wie sie ohne Perücke, mit ernstem Gesicht und geschlossenem Mund aussehen könnte. Am Schluß nahm sie einen großen Schluck Wein und begann ihn in kleinen Sprühfontänen auszuspucken. Es hörte und hörte nicht auf. Die Zuschauer lachten immer lauter, denn sie sprang charmant herum, sprühte nach links und rechts und konnte doch eigentlich schon längst nichts mehr im Mund haben. Trotzdem ging es immer weiter und ich hatte das Gefühl, dass es mindestens ein Liter war. Es war superwitzig und sie ging unter lautem Jubel der sehr begeisterten Zuschauer ab. Spitzenklasse!

Nach einer recht witzigen Zwischenmoderation von Hertha Schwätzig, (wenn sie am Ende der Witze nur nicht immer so blöd gestellt grinsen würde!), ging es mit Popette Betancor weiter. Von ihr hatte ich schon öfter gelesen, merkte aber, dass ich sie mir völlig anders vorgestellt hatte. Sie kam recht burschikos auf die Bühne und erinnerte mich von den Bewegungen her sofort ein wenig an Helge Schneider. Am Flügel spielte sie mehrere Lieder und ich fand die Begleitung jedesmal zu hektisch, das Tempo viel zu schnell und die Texte in manchen Abschnitten ganz klasse, in anderen sehr blöd. Außerdem kamen mir die Lieder von der Art her alle sehr ähnlich vor. Schön ihre Zwischenmoderationen, aber mir wurde nicht klar, ob die witzigen Stellen gewollt waren, oder ob Popette Betancor einfach so ist. Ich konnte sie bei diesem Kurzauftritt nur schwer einschätzen, befürchte aber, dass ich in nächster Zukunft auch keine Gelegenheit wahrnehmen werde, einen Komplettauftritt mitzubekommen. Ganz mein Fall war das also nicht, aber ich räume ein, dass ich mich in der Bewertung täuschen könnte.

Danach wieder Hertha, die Witze über Männer riß und dabei kein Vorurteil ausließ. Danach wollen Männer nur ihre dicken Autos polieren, im Stehen pinkeln und auf den Fußballplatz gehen. Sehr witzig fand ich es nicht und als ich mich gerade wieder fragte, warum mich ihr Grinsen so störte, raunte Rüdiger miesgelaunt: “In dieses Lächeln könnte ich reinschlagen!” Schön, dass ich mit meinem Mann mal wieder einer Meinung war! Und auch schön, dass er sowas nur sagt, aber nie machen würde.

Als nächstes war das Männer-Duo “Strahlemann & Söhne” dran. Zwei Männer kamen sehr seriös in Anzügen auf die Bühne und begannen mit drei Keulen zu jonglieren. Supergut! Ich konnte das beurteilen, denn ich habe mit viel Mühe und einigen fast ausgeschlagenen Zähnen Keulenjonglieren gelernt und bin schon glücklich, dass ich den einfachen Wurf mit drei Keulen hinbekomme. Die beiden Strahlemanns hatten ganz außergewöhnliche Partner-Kombinationen und obwohl es fließend und leicht aussah, war es wirklich höllenschwer. Und dann begannen sie sich auszuziehen! Während der Jonglage!! Das Publikum johlte begeistert und das Tollste war, dass es kein bißchen peinlich oder schmutzig wurde. Die beiden blieben total seriös, guckten zwischendurch lächelnd mit hochgezogener Augenbraue ins Publikum und warfen sich gegenseitig mitten zwischen den hin- und hersausenden Keulen ihre Klamotten zu. Jackett, Hemd, Weste, Schuhe, Hose - am Schluß standen beide in Unterhose und Socken mit Sockenhaltern da, und die Kleidung des Partners war sorgfältig über einen Kleiderständer gehängt. Das war ein Strip, den man auch bei Oma’s 75. Geburtstag angucken könnte! Einfach klasse! Beide Männer sogar knackig und gut gebaut, von der Art her aber eher wie ein James Bond. Der würde beim Strip auch sexy, aber immer sehr souverän und seriös sein. Und auch James Bond würde eine enge, farbige Unterhose anbehalten. Rüdiger versuchte nicht mal mir die Augen zuzuhalten, sondern sah ebenfalls grinsend zu. Während sie ununterbrochen weiterjonglierten begannen sie, die Kleidung des Partners anzuziehen. Wieherndes Gelächter im Publikum, wenn der 5. Versuch in ein Hosenbein zu kommen wieder im letzten Moment blitzschnell abgebrochen werden mußte, weil die nächste Keule kurz vor dem Gesicht war. Am Ende waren beide wieder perfekt gekleidet, verbeugten sich lässig, zogen nochmal die Augenbraue hoch und gingen gentelmanlike ab. *johl* Nochmaaal !!! Ups.

Hertha Schwätzig moderierte weiter, hatte zwischendurch gute Sachen drauf, aber ich fand sie insgesamt nicht so klasse. Allerdings gab es eine Menge Leute im Saal, die ihr laut zujubelten und wirklich begeistert waren. Ich fand, dass sie der zu Recht umjubelte Star einer Frauengemeinschafts- Karnevalssitzung sein könnte, mir persönlich aber zuviele alte Witzchen und lahme Moderationen für die angebliche ‘Comedy auf höchstem Niveau’ (O-Ton in der Comedy-Info) brachte.

Das ‘höchste Niveau’ brachte dagegen wieder Krissie Illing, die mit breitem Grinsen als Queen-Verkörperung auf die Bühne kam und einen Stoffhund hinter sich herzog, der wie sie ein Diadem trug. Über eine abgedrehte Zeitlupenszene ging es zu einem wilden Tanz, vor dem sie den Rock auszog und plötzlich oben als Queen Elizabeth mit Handtasche und unten mit Strapsen und dunklen Strümpfen loslegte. Sehr niedlich und einfach süß! Sie bekam wieder Riesenbeifall, mußte eine kleine Zugabe geben und war eindeutig der beste Act des Abends.

Nach ihr Hilde Kappes, die ich im Mai beim Prix Pantheon gesehen hatte. Damals fand ich ihre Vorstellung ganz nett, war aber nicht sehr beeindruckt. Nach Hertha Schwätzig und Popette Betancor fand ich sie plötzlich richtig witzig und charmant. Zumindestens war sie unterhaltsamer und kurzweiliger. Wie damals brachte sie viel Laut- und Sprachspielereien und beeindruckte viele Zuschauer durch die ungewöhnlichen Geräusche. War immer noch nicht mein Fall, kam ansonsten aber gut an. Aber ich lasse hier ja auch nur meine persönliche Meinung los und habe vielleicht einen etwas seltsamen Geschmack. *grins*    

Mit einem kleinen Finale, zu dem alle nochmal auf die Bühne kamen wurde der Abend beendet und er hatte sich insgesamt doch gelohnt. Ich hatte endlich mal Krissie Illing auf der Bühne gesehen und freute mich schon auf ihr Soloprogramm, zu dem ich nächste Woche gehen werde. Ich hatte zwei seriöse James Bonds strippen gesehen und sogar begeistert mitgejubelt. (Ich gehe jetzt aber nicht in den Mitvierziger-Frauen-Kegelclub und fahre nach Mallllorca!). Und ich weiß, welche Komplett-Veranstaltungen ich mir sparen kann.

OK - ich bin vielleicht ein wenig sehr kritisch, denn den Abend zuvor hatte ich bei Mark Britton’s “Welcome to Britton” verbracht. Besser und niveauvoller kann Comedy nicht gemacht werden und ich war dadurch natürlich sehr verwöhnt. Allerdings merke ich, dass ich -je mehr ich mir angucke- auch immer kritischer werde. Ich habe nicht mehr die Geduld einen Abend lang zweitklassige Comedysachen anzusehen, wenn ich weiß, dass es besser gemacht werden kann. Viel Geduld und Toleranz habe ich nur bei Anfängern, wenn ich merke, dass die Grundsubstanz gut ist. Die können noch dazulernen und brauchen ihre Zeit und Erfahrung dazu. Ganz lässig sehe ich auch private Auftritte bei Feten und Familienfeiern. Da finde ich es meistens toll und erwarte keine perfekten Auftritte, weil der Spaß im Vordergrund steht. Allerdings darf es nicht langweilig werden. (Meine Grenze war letztens  erreicht, als ich fünf(!) nicht besonders gute Bauchtänze hintereinander angucken mußte. Motto: Einen hab ich noch!).  

Ganz ärgerlich werde ich inzwischen, wenn mir lahme, nicht gut getimte und holpernde Sachen als ‘erstklassig’ verkauft werden. Dann kann ich auch gleich RTL2 gucken. Und dazu ist das Leben ja zu kurz, wie eine sehr gute, erstklassige(!) Gesangscombo ganz richtig verkündet. *grins*

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