THOMAS C. BREUER
Blick voraus im Zorn
Ein Ausblick auf 2006
21.12.2006, Pantheon, Bonn

Thomas C. Breuer gehört zu meinen frühesten Kabarett-Erlebnissen. Es war 1987, und ich begann gerade erst zu entdecken, dass es interessante abendlichen Veranstaltungen gab, die ich mir ansehen konnte. Das Programm hieß “Die drei Männer, die sie Pferd nannten” und wurde von Thommie Bayer, Thomas C. Breuer und einem Mann am Klavier gespielt. Ich lachte viel, hörte fasziniert zu und war tiefst beeindruckt. Ähnlich berührt hatte mich Jahre zuvor nur die koreanische Kindertanzgruppe in der Schulaula. Hört sich jetzt lächerlich an, stimmt aber. Allerdings war ich bei der Tanzgruppe nochmal 15 Jahre jünger gewesen. Beides aber einschneidende Erlebnisse in meinem Zuschauerleben, die mich beeinflußt haben. Zum Glück bin ich Theatergänger geworden und hopse jetzt nicht mit bunten Tüchern auf Bühnen herum.

Ganz kurz ist mir Thomas C. Breuer vor vier Jahren bei einem Vorleseabend wieder begegnet, und ich freute mich jetzt sehr, mal ein volles Programm zu erleben. Da ich einige seiner Bücher habe, wusste ich, dass das nicht ganz einfach zu konsumieren sein würde. Ich wusste aber auch, dass es treue Liebhaber seiner Kunst gab, die seine genauen Beobachtungen und seinen gekonnten Umgang mit der deutschen Sprache schätzten.

Er arbeitete gegen “das Niedergang von die Sprachkultur”, wie er sagte und gab in dem Zusammenhang in seinem Programm auch einige Beispiele, in denen es um Anglizismen ging. “Lassen Sie einen Youngster mal “Partitur” buchstabieren!”, forderte er auf, und vor meinem geistigen Auge baute sich langsam das Wort “Party-Tour” auf. Ich lachte spät. So wie viele. Das war das Problem bei Thomas C. Breuer. In ungeheurer Gewalt prasselten Wortneuschöpfungen, Umstellungen, Geisteblitze und bissige Feststellungen auf die Zuschauer nieder, die manchmal gerade erst über den einen Witz lachten, wenn der nächste schon durch den Raum zog und der übernächste gerade startete. Schätzungsweise 30 Prozent der Spitzfindigkeiten habe ich auf diese Weise wohl verpasst. Und ich rechne äußerst positiv für mich. Vermutlich habe ich aber immer, wenn mir ein Satz ganz normal vorkam, die Pointe verpasst. Oder nicht kapiert. Mein Gatte, der an diesem Abend ziemlich müde war, verpasste vermutlich weit mehr. WAS er verstanden hatte, fand er allerdings sehr klasse, und die Müdigkeit war VOR dem Eintreffen im Pantheon da gewesen und nicht während des Breuer-Abends entstanden, ehe hier Missverständisse entstehen. Aber wie sagte Thomas C. Breuer so nett: “Auf Einzelscheusale kann keine Rücksicht genommen werden”, auch wenn er dabei nicht gerade meinen Gatten ansah.

Das Programm von thomas C. Breuer war sehr abwechslungsreich. Er stellte Prognosen für das nächste Jahr auf und ging dabei Monat für Monat durch. Ob als Kurzmeldung, Gedicht, offener Brief, freie Rede oder sogar als Blues gesungen und auf der Mundharmonika gespielt, es war mal witzig, mal bissig, nie aber zufällig so gesagt. Es steckten exakte Überlegungen dahinter, und mir machte es Spaß seine Gedankengänge zu verfolgen und die vielen Pointen zu entdecken. Da wurden die Langusten wegen der angespannten Finanzlage zu Kurzgusten, und das Vorhandensein von Vorsätzen für 2006 gefordert, “denn Haupt- und Nebensätze haben wir schon.” Immer wieder zogen sich Bögen von einem Monat zum anderen und immer wiederholten sich Namen, die dann sofort einen Lacher brachten, wenn sie “der rennende Witz“ waren. (Ich trau mich gerade nicht von “running gag” zu sprechen.) Man musste schon auf Zuhören eingestellt sein und sich im aktuellen Zeitgeschehen auskennen, um einigermaßen gut folgen zu können.

Lang und etwas schlaksig stand Thomas C. Breuer auf er Bühne und wirkte recht alterslos. Das heißt, ich wusste, wie alt er war, hätte ihn aber im Verlauf des Abends immer wieder anders eingeschätzt. Immer aber jünger. Und ich mochte seine Art. Seine Hintergründigkeit, die Bissigkeit und die Hartnäckigkeit, mit der er unverbogen und scheinbar unerschütterlich seit Jahren durch das Land zog, ganz genau beobachtete, hinterfragte, auseinander nahm und sein Ergebnis dann ironisch, kritisch und schonungslos präsentierte. Ein brillianter Sprachjongleur, der seine Zuhörer forderte und nicht bereit war massenkompatibel zu werden, wenn er dazu einen Schritt runtergehen musste. Wer nicht mitkam, blieb eben zurück. Wer aber zuhören und genießen konnte, hatte eine Menge Spaß an diesem lockeren, witzigen, sprachgewundenen Abend.

Fazit: Wer auf schnelle Kalauer und einen netten, lustigen Comedyabend steht, sollte wohl eher nicht in ein Programm von Thomas C. Breuer gehen. Wer den gekonnten Umgang mit der deutschen Sprache schätzt und gerne mal zuhört, ist bestens aufgehoben. Und es ist nicht so, dass die Texte sperrig und unverständlich wären, so dass nachher die Eigeninterpretation gefragt ist, sondern sie sind leicht, locker, verdreht und spitzfindig. Man muss da eben nur hinterherkommen, aufmerksam bleiben und die Formulierungen genüßlich ins Hirn tropfen lassen. Ich fand’s klasse!

Mehr Infos bei 
www.tc-world.com
Das Foto habe ich seiner Homepage entnommen.
 

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