Nachtrag, beziehungweise Vorwort: Im folgenden Bericht geht es um
Das Markttreiben und das Ritterturnier zu Burg Satzvey.
Da der Bericht in einer mittelalterlichen Verzückung geschrieben wurde, ist er nicht einfach zu lesen und wahrscheinlich durchsetzt von zeitgemäß völlig unpassenden Begriffen. Egal. Ich fand es dort so toll, dass ich einfach nicht “normal” schreiben konnte. Für alle, denen das zu anstrengend ist, hier die Kurzform: Es gab in Satzvey einen sehr schönen Mittelaltermarkt, daneben noch ein großes Zeltlager, in dem Gruppen zeigten, wie es dort früher ungefähr zugegangen ist. Es machte viel Spaß stundenlang über das Gelände zu bummeln und alle Eindrücke auf sich wirken zu lassen. Wir fühlten uns wirklich in der Zeit zurückversetzt, was nicht zuletzt an den vielen mittelalterlich gekleideten Besuchern lag, die den Markt ebenfalls besuchten. Am Abend gab es ein tolles Turnier mit Rittern, Knappen, Pferden, Kämpfen und viel Humor. Fazit: Trotz gutem Eintrittsgeld ein absolut lohnenswerter Besuch, den wir auf jeden Fall wiederholen werden, weil es dort wirklich beeindruckend gut war!
Und hier jetzt der Bericht darüber:

 

Oft schon hatte ich Ergötzliches vom jährlichen Markttreiben zu Burg Satzvey gehört, und da ich weit weniger als eine Tagesreise entfernt wohnte, begab ich mich am Tage des Herrn, dem 7. September anno Domini 2002, sehr neugierig und auf allerlei Kurzweil bedacht, dorthin.

Für ein erkleckliches Weggeld von 10,- Euro-Silberlingen konnte der Burgbereich betreten werden, da ich mir jedoch die wohl meisterlichen Künste beim abendlichen Turnier nicht entgehen lassen wollte, zog ich 18,- Silberlinge aus dem Beutel und erwarb damit das Anrecht auf einen Tribünenplatz unter dem Dache. Wenn meine eigene Burg auch nicht groß war, so wollte ich doch das Turnier nicht beim einfachen Volke, auf gemeinen Holzbänken unter freiem Himmel sitzend erleben, sondern mich kühn unter die adeligen Herrschaften auf den vor Unwettern geschützten Sitzplätzen mischen.

V orerst lugte die Sonne aber noch vorwitzig vom Himmelszelte, und ich bestaunte mit großem Blicke das fremde Treiben auf dem Gelände. Auf allen Wiesen waren Zelte aufgeschlagen, gar lustig anzusehen in ihren bunten Farben, und darüber wehten die Fahnen der von weit her gekommenen Reisenden. Ungeachtet der neugierigen Blicke verrichteten die Fremden ihre tägliche Arbeit, oder trafen sich in geselliger Runde an Holztischen unter offenen Baldachinen. Der Rauch von vielen Feuerstellen zog über das Gelände und es roch überall gar köstlich nach auf dem Rost gebratenem Fleische. Einige Weibsleute  ordneten ihre Gerätschaften oder säuberten die verschmutzten Teller, die Männer putzten ihre  Waffen oder hielten die Aufsicht über den glühenden Rost. Gar anschaulich war dieses Treiben zu beobachten und es machte Freude die Blicke schweifen zu lassen.   

 



An einem der Zelte konnte sich mein Knabe für 2 Silberlinge im Bogenschießen versuchen und bekam dazu eine passende Gewandung, die ihm so sehr zusagte, dass er sie nur mit schwerem Herzen wieder hergab. Da er aber mit meisterlichem Geschicke den Bogen zu führen wußte, bekam er eine Urkunde als “Gräflicher Meisterschütze”, die ihn sehr erfreute.





Nicht nur das Volk in den Lagern, sondern auch viele der angereisten Besucher waren schön zum Markttage gekleidet, und ich bestaunte die teils prächtigen Gewänder und die Schnabelschuhe von unglaublichem Ausmasse. Ach, in jedem einfachen Leinenrock mit Miedergürtel hätte ich mich wohler gefühlt, als in meiner heimischen Tracht! Die dunkle Baumwollhose und das dünne Obergewand in der Form des Buchstaben T, machten aus mir einen fremdartigen Besucher, der nicht so recht auf dem Burghof zu Satzvey passte. Es gab viele Marktbesucher, die ähnlich wie ich gekleidet waren, aber es sah unschicklich aus und behagte mir gar nicht.





An den Marktständen gab es neben Gürteln, Waffen, Kopfbedeckungen aller Arten und einfachen Leinenkleidern, auch kostbarste Gewänder zu erwerben, aber ein Blick in meinen Beutel und auf die wenigen Silberlinge, die dort ihr Leben fristeten, ließ mich von meinem Wunsche nach einer trefflichen Bekleidung Abstand nehmen. Zum Glück beachteten mich die zeitgemäß bekleideten Marktbesucher kaum und liessen mich meine Fremdartigkeit nicht spüren, so dass ich, ohne selber angestarrt zu werden, meine Blicke ungehindert schweifen lassen konnte.


Viele unterschiedliche Gewandungen gab es zu erblicken, und es war nicht nur gemeines Volk, Adelsleute, Gaukler und Spielleute aus umliegenden Grafschaften da, sondern auch weitgereiste Mannen aus Schottland und sogar eine buntgekleidete Gruppe aus der fernen   Mongolei. Wie allerdings der Schotte mit metallenen Schützern an den Schienbeinen, ansonsten aber barfuß, unbeschadet bis nach Satzvey gekommen war, wusste ich mir nicht zu erklären.
 

Für Kurzweil sorgten die vielen musizierenden Kumpaneien, deren Töne aus Drehleier, Laute und Dudelsack aus allen Winkeln klangen und die Luft erfüllten. War ich doch sonst Minnesänger gewohnt, die ihre Töne ganz ohne passend Instrument gar trefflich von sich gaben, so war es auf dem Markte zu Satzvey löblich anzuhören, wie von wackeren Scharen für die Unterhaltung gesorget wurde.

 

 

 




Auch Puppenspiel und Gaukelei gab es zu sehen, sowie einen großen, hölzernen Bade-Zuber, in dem Manns- und Weibsleute saßen und sich völlig unbekleidet beim gemeinsamen Bade begaffen liessen. Allerlei Speis und Trank war zu erwerben, dazu viele Dinge des täglichen Gebrauchs. Ein gar schröckliches Erlebnis hatte ich, als eine bettelnde Hex mich solchermaßen anbrüllte, dass ich aus Furcht, sie vermöge mich mit einem Bann zu belegen, ihr eine Kupfermünze gab. Daraufhin wurde sie sehr freundlich, ließ mich einen Blick auf ihre klaffende Stirnwunde werfen und zog los, den nächsten Taler zu erbetteln.


Ein befremdliches Verhalten zeigten einige edle Damen, die in kostbarste Gewandung gekleidet nicht nach einer Hex aussahen, aber in manchen Ecken standen und ein kleines, magisches Ding an ihr Ohr hielten. Es schien eine Unterhaltung mit ihnen zu führen, denn die Damen antworteten ihm oder fragten hinein. Hin und und wieder rief so ein Kästlein auch mit klingelndem Ton, wenn es reden wollte, und die Damen griffen dann immer sofort danach, als wenn es ein gar schrecklich Unglück gäbe, sollten sie nicht sofort reagieren. Ich sah solche Dinge mit großer Verwunderung.  

 

Viel zu schnell ging der Tag dahin, und noch ehe ich alles gesehen und des bunten Treibens zu viel hatte, musste ich mich schon zum Turnierplatze begeben. Vor mir eine große Fläche, auf der sich gleich Ritter im Kampfe messen würden und schräg gegenüber eine Tribüne, auf der sich die edlen Herren und Damen einfinden würden. In meinem Blick das Gemäuer der Burg Satzvey, vor der sich immer noch das gemeine Volk auf der großen Wiese belustigte und von woher der Klang der Flöten und Trommeln durch die Luft drang. Der Tag behagte mir sehr und ich war gar froh, die Reise angetreten zu haben.



Das Turnier begann mit einem feinen Aufzuge aller Gruppen, die an diesem Tage in den Lagern rund um die Burg lebten. Mit viel Jubel begrüßte das Volk die große Menge von Kreuzrittern, Dorfleuten, Gauklern, Rittern und Edelleuten, die den ganzen Platz füllten. Musizierende Spielmannsleute drehten die Leier und pfiffen in die Flöten, die Stimmung war prächtig und das Spectaculum begeisterte alle. “Das war trefflich verrichtet”, lobte dann auch Michel von Aragon, der durch das Turnierprogramm führte. Seine Sprache war wohl gewählt und er unterhielt das Volk hochlöblich mit seinen geschmückten Ausführungen: “Ihr edlen Frauen, ihr Recken, edel und potent - warum lacht das Weibsvolk da??”

E s hatte sich ergeben, dass es einen Grund für das Turnier gab: Der Papst wollte die Macht des Kaisers brechen und erklärte darum alle Ritter, die länger als ein Jahr als Kreuzritter in Jerusalem unterwegs waren, für tot. Die Witwen wurden sonach sofort mit papsttreuen Männern verheiratet. An diesem Abend in Satzvey war der pästliche Gesandte gekommen, um auch Anna von Gymnich, die Herrin der Burg, zur Witwe zu erklären. Sie behauptete fest, dass ihr Gemahl, Hermann von Gymnich, unterwegs zu ihr sei, aber trotz der vielen erzürnten Buhrufe des wackeren Volkes, verlangte der gräfliche Gesandte ein sofortiges Turnier der Bewerber um ihre Hand.

Zum Glück meldete sich ihr Oheim Otto von Meerfeld an Stelle ihres Gatten zum Kampfe, aber leider war er ein Zusprecher des Weines und konnte sich kaum auf seinem Rosse halten. Seine Tapferkeit ließ ihn sofort zum Liebling des Volkes werden, das ihm laut zujubelte, sobald er in gefährlich schräger Lage auf seinem Gaul über den Platz ritt.

D er Kampf begann, es galt Punkte in vielen Disziplinen zu erringen, und unter großem Jubel kam dann doch noch zur rechten Zeit Hermann mit seinen edlen Kreuzrittern an. Der böse Papstgesandte ließ trotzdem weiterkämpfen, und das Volk sah erquickende Bilder mit fliegenden Rössern, tapferen Recken, langen Männerhaaren, wehenden Umhängen und ritterlicher Männlichkeit. Hermann von Gymnich schlug sie alle und zeigte sich so tapfer, dass am Ende sogar seine früheren Feinde vor ihm das Knie beugten. Am Ende einer großen Schlacht lagen viele tote Papstgetreue im Sande, und Anna lag in den Armen ihres völlig unversehrten Hermanns. Ich jubelte mit und war höchst erfreut, dass sich Hermann körperlich so gewandt gezeigt hatte. Was wäre aus der armen Anna gewoden, wäre ihr Recke als schwächlicher Zwerg gewachsen? Meine Überlegung, dass Hermann nach langjähriger Ehe das Turnier auch mit Absicht hätte verlieren können, um frei zu sein, da seine Frau dann einen anderen Mann hätte nehmen müssen, vergass ich, als die Toten sich unerwartet erhoben, um sich ins Gefängnis zu begeben.

Der hochlöbliche Hermann von Gymnich hatte meisterlich und in ritterlichem Verhalten den Turniersieg errungen und durfte mit seiner tapferen Gemahlin Anna weiterhin in ihrer Burg zu Satzvey wohnen. Das getreue Volk jubelte laut und machte sich dann auf den Weg nach Hause, so es nicht in den Zeltlagern wohnte.

Ein letztes Bild blieb mir im Kopfe, als ich den dunklen Weg an den Zelten vorbei nahm. Unter einem großen Baldachin saß eine Gruppe Edelleute bei Wein und Fleisch vom Rost. Sie saßen von vielen Kerzen beleuchtet sehr hoch aufgerichtet auf ihren hölzernen Stühlen an einem großen Tisch und unterhielten sich leise. Die Haare der Edelfrauen hingen glatt und lang über ihre Rücken, die Gewänder glänzten prächtig und alles strahlte eine wahrhaft fürstliche Atmosphäre aus. Sehr fein, sehr ruhig und trotzdem ganz lebendig. Es war die rechte Welt und ich als Fremdling, der aus einer anderen Zeit kam, durfte nur einen Blick darauf werfen und konnte doch erahnen, wie es war.

Schon auf dem Rückwege überlegten wir, ob es uns möglich wäre beim nächsten Marktbesuch eine passende Gewandung zu tragen, die unser Verweilen zu einem noch trefflicheren Vegnügen machen könnte. Ob es uns möglich ist und ob sie ihre Wirkung auf uns tut, werden wir dann mit Freude kund tun.

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