24. April 2003
COMEDY-HOTEL
WDR-Studio Köln-Bocklemünd

Ein neues Sendeformat mit Barbara Schöneberger, das war doch mal was. Es sollte um ein Hotel gehen, um Gäste aus dem Comedy-Bereich, und alles sollte von Barbara Schöneberger irgendwie moderiert werden. Ich wußte nicht wirklich viel, aber ich kaufte Karten, um bei der Aufzeichnung dabei zu sein.

Obwohl wir gerade in dieser Woche extrem viele Termine hatten und am Morgen mit müden Augen und leichtem Entsetzen auf dem Kalender den längst vergessenen Comedy-Hotel-Termin sahen, freuten wir uns auf den Abend. Barbara Schöneberger war frech, locker und witzig, und Rüdiger fand auch ihre manchmal sehr weiten Ausschnitte sehr interessant. Rein modetechnisch natürlich.

Um 19 Uhr waren wir an den Studios in Bocklemünd und ich hörte ein Gespräch mit, aus dem ich erfuhr, dass es die erste Sendung dieser Reihe wäre und dass die Aufzeichnung bis 9 oder halb 10 dauern würde, dass man das aber nicht genau wisse, da es ja die erste Sendung wäre. Ohje, ich war davon ausgegangen, dass ich bis spätestens 9 Uhr wieder weg wäre, da ich am Abend noch einige Sachen zu erledigen hatte, aber naja. Wenn Barbara Schöneberger das gut machen würde, könnte ich es auch länger aushalten.

Ungefähr 80 Leute warteten auf den Beginn der Aufzeichnung und erstaunlicherweise waren die wenigen Ordner fast unauffällig und freundlich. Hey! Sollten meine letzten Berichte mit den Beschreibungen der übermotivierten Ordner beim WDR in die richtigen Hände gefallen sein? Hatte ICH diese Änderungen ausgelöst? Irrten wegen MIR jetzt die entlassenen Ordner in Anzug und mit Sonnenbrille durch die Strassen und suchten neue Arbeit?? Nee, höchstwahrscheinlich nicht.

Im Studio gefiel es mir sofort. Drei Zuschauerreihen, ich hatte einen sehr schönen Platz in der hintersten Reihe und einen guten Blick auf ein kultig buntes Hotelfoyer im 60er-Jahre-Stil. Allerdings neu gestylt und von heute, nicht piefig verstaubt von früher. Ich wartete gut gelaunt, blickte mich neugierig um und mir ging die Frage durch den Kopf: “Wann kommt Barbara Schöneberger und wie tief ist ihr Ausschnitt?” Sorry, sehr sexistisch, aber war so. Außerdem war es inzwischen schon 20 Uhr 15 und ich ahnte, dass der Abend lang werden würde. Plötzlich kam eine blonde Frau aus der Kulisse, die mir sehr bekannt vorkam, aber eindeutig nicht Barbara war. Wir sahen zu, wie sie schräg hinter uns verkabelt wurde und überlegten, wer sie war. “Kochduell, oder so!” fiel mir fünf Minuten später auf einmal ein, und Rüdiger grinste erleichtert. Zwei Minuten später ergänzte er: “Von Lojewski, oder so.” Eine weitere Minute später strahlte ich: “Britta von Lojewski vom Kochduell!!”. Erleichtert grinsten wir uns an, weil wir es in gemeinsamer Anstrengung geschafft hatte, allerdings wurden wir sofort wieder abgelenkt, weil inzwischen Trude Herr, extrem blau-weiß gestreift gekleidet, aufgetaucht war. Häh? Lebte sie im Fundus des WDR weiter??

“N’Abend!” begrüßte mit lauter Stimme und westfälischem Akzent ein Herr die Zuschauer und erklärte den Ablauf des Abends. Dabei stellte er nacheinander die Mitwirkenden vor. Als Michael Müller auf die Bühne kam, freute ich mich, denn den mag ich sehr, auch Anka Zink entlockte mir ein Lächeln, weil sie sehr süß und originell aussah, auch wenn ich sie in letzter Zeit oft nicht so überzeugend fand. Das Trude Herr Double kam, ein Alfred Biolek Double, den ich aus einer Comedy-Show kannte, und dann Britta von Lojewski. Sehr eindrucksvoll und vielversprechend, aber wo blieb Barbara Schöneberger?

Nebenbei erfuhr ich, dass mein kompletter Sitzblock am Ende der Aufzeichnung mitspielen musste, indem alle ein paar Schritte hinter die Kulisse machen, und dann aus einer Tür mit der Bezeichnung “Festsaal” auf der Bühne erscheinen sollten. “Gucken Sie glücklich, es gibt auch was zu essen!” Inzwischen war es fast 20 Uhr 30 und es ging endlich los.

Das Hotelier-Ehepaar bewegte sich zwischen den vielen Kameras locker hin und her, es wurde am Stück aufgezeichnet, und ich bewunderte, das nie eine der anderen Kameras auf dem Bild zu sehen war, obwohl sie überall im Raum verteilt waren. Es war mäßig witzig, was aber nicht an den gut vorbereiteten Schauspielern, sondern an dem etwas drögen Text lag. Plötzlich gab es einen einleitenden Satz, und auf den Monitoren wurde ein aufgezeichneter Sketch abgespielt. Häh? Was sollte das denn?? Ein Uralt-Stück mit Rudi Carrell, Diether Krebs und Beatrice Richter, das ich vor 15 Jahren schon als Wiederholung gesehen hatte. “Der ist doch uralt!” flüsterte ich entsetzt, und erhielt die Antwort von Rüdiger: “Noch älter!”

Plötzlich ging das gespielte Stück weiter, Michael Müller begann ein Telefongespräch und las dabei seinen Text von riesengroßen Blättern ab. Sein Telefonpartner war Domian, dessen Antworten aus anderen Sendungen zusammengesucht waren und eingespielt wurden. Ganz nett, aber nicht wirklich gut und außerdem viel zu lang. Ein kurzer Dialog, und ich hätte gelacht, aber das war viel zu langatmig und damit schnell unoriginell. Als es kurz danach den nächsten alten Sketch-Einspieler gab, guckte ich schon leicht genervt. Auch noch Didi Hallervorden, och nee.

Sehr verwunderlich fand ich, dass die Schauspieler in ihrer Position verharren mussten, bis der Einspieler beendet war, um von dort aus gleich weiterdrehen zu können. Sah ziemlich bescheuert aus und ich fragte mich, warum man das nicht anders reinschneiden konnte. Also ICH hätte gerne auf die kompletten Einspieler verzichtet, mir hätten die ersten und letzten 5 Sekunden gereicht, um gut ansetzen zu können! Allerdings hatte ein Teil der Zuschauer die Sketche scheinbar noch nicht gesehen, oder schon erfolgreich verdrängt, denn manche lachten sehr fröhlich darüber. Ansonsten blieb es bei der Aufzeichnung aber eher ruhig und bei dem mäßigen Text gab es auch nur mäßige Reaktionen. Mir war klar, dass später tosende Lacher aus der Konserve über die mageren Pointen gesetzt würden, damit alles den Anschein von vergnügtem Publikum erhielt. Einziges Highlight war eine Einlage von Anka Zink, die als polnische Küchenhilfe während des Kartoffelschälens ein Sexgespräch am Telefon führte. Langsam und gezogen sprach sie ohne Emotionen: “Ooooooooh, iiis daaaaas aufrääääägend!” und schälte die Kartoffel immer kleiner. Sehr witzig, aber irgendwie passte ein Sexgespräch nicht zu den Uralt-Sketchen, und wo blieb überhaupt Barbara?? Ich ahnte schwach, dass ich sie an diesem Abend wohl nicht mehr sehen würde.

Mittendrin gab es dann auch noch eine Art Interview mit Britta von Lojewski, die Britta von Lojewski spielte und auf Alfred Biolek wartete, der von einem Biolek-Double gespielt wurde. Warum jetzt ein Interview? Es passte überhaupt nicht und wirkte wie ein Fremdkörper im Drehbuch. Erst gespielte Comedy, dann alte Sketche und jetzt noch ein fast ernsthaftes Gespräch??

Endlich war die letzte Szene gekommen und unser Zuschauerblock wurde in die Kulisse gewunken. Wieder konnte ich nur den Kopf schütteln bei solcher Unprofessionalität, denn wir mussten während der Life-Aufnahme der Vorszene von unserem Holzpodest kommen. Natürlich war das viel zu laut, die Stühle rückten, das Laufen war polterig zu hören und es war nicht zu fassen, dass dafür keine Pause gemacht wurde. Ich ging davon aus, dass die Szene neu gedreht werden musste, was aber vorher eigentlich abzusehen war. Ohje. Trotzdem war ich besser gelaunt, denn es ging auf das Ende der Aufzeichnung zu und ich würde das Studio bald verlassen können!

Nacheinander kamen wir durch die Kulissentür auf die Bühne und dafür, dass wir angeblich gerade von einem Peter-Maffay-Konzert in diesem Saal kamen, sahen wir alle nicht so ganz begeistert aus. Aber ich war noch nie auf einem Maffay-Konzert, vielleicht kommt man da immer etwas gelangweilt und langsam raus? Jedenfalls waren wir die Letzten, die den Saal am Ende der langen Schlange betraten und bekamen ein Häppchen Heringssalat gereicht, der laut Drehbuch vor Jahren das Verfallsdatum überschritten hatte. Hey, ich spielte in einer Comedy-Serie des WDR mit! Und ich hoffte, dass es keiner sehen würde!! Aber wer von meinen Freunden würde diese Art von Humor bis zum Schlußbild durchhalten können? Wahrscheinlich keiner. Zum Glück.


Der Heringssalat hatte einen Klecks Ketchup drauf, und die Szene, während der die Zuschauer vom Podest getrampelt waren, musste neu gedreht werden. Ach was?! Ich musste mir den langen Einspieler mit Jürgen von der Lippe erneut ansehen, konnte dabei aber auf meinem Platz bleiben und Heringsstücke mit Ketchup essen. “Vielen Dank für Ihre Geduld!” bedankte sich danach die Regie, es war 21 Uhr 45 und endlich alles fertig. Wir applaudierten den Schauspielern, die wirklich gut waren (“Die können nix dafür!”) und waren froh, dass wir gehen konnten.

Was sollte das alles jetzt? Wen wollte der WDR mit so einer Sendung vom Hocker reißen?
OK, war mal was Anderes, eben ein Kontrast zu richtig guter Comedy. Aber warum dreht man so schlechte Sachen, bei denen man eigentlich schon beim Drehbuch-Lesen merken sollte, dass sie nicht ankommen können? Das ganze Konzept war nicht stimmig, die Hotel-Geschichte ein bißchen pseudokomisch neu gedreht, ein paar alte Sachen aus der Klamottenkiste dazu und alles unlogisch mit einem Interview in einen Topf gerührt. Ich könnte ja wetten, dass nachher einige Leute lange überlegen, warum das neue Sendeformat wohl gescheitert ist. Lag es an den Schauspielern? Sind die Zuschauer heute zu kritisch? Ist die Sendezeit falsch? Nee, Leute. Es war einfach ein grottenschlechtes Konzept! Das war lahmes Zeug ohne Schwung und Witz, aus dem auch die Schauspieler nicht mehr rausholen konnten! Nicht mal Barabara Schöneberger hätte da Erfolg gehabt. Egal, wie tief der Ausschnitt gewesen wäre!

Nachtrag: Irgendwie ist da etwas schief gelaufen, denn inzwischen habe ich gelesen, dass Barbara Schöneberger den “Comedy-Champ” macht, ich aber Karten für das “Comedy-Hotel” hatte, obwohl ich eigentlich welche für den “Comedy-Champ” haben wollte. Na, jedenfalls habe ich in meiner terminreichen Woche einen langen Abend sehr gelangweilt bei einer WDR-Aufzeichnung verbracht und musste zu Strafe auch noch mitspielen. Für ein Häppchen Heringssalat mit Ketchup!
Bin ich eigentlich total blöde??  *lach*

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