KINDERBUCH-BLOCK 10   Teil 91-100

Kinderbuchblock Nummer:
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91 - Sonntag, 24. Januar 2010
Kaum steht der Termin, um den Gärtner für die CD aufzunehmen, ruft er mit leicht dumpfer Stimme an und ist erkältet. Da hilft nichts, der Termin muss verschoben werden. Aber eine der Tanten hat Zeit und wird damit die erste Stimme für die Hör-CD. Es ist nur ein Satz, den sie spricht, aber er symbolisiert den Beginn der CD-Phase.

Außerdem meldet sich die Druckerei und weiß das endgültige Format für den Buchumschlag. Bis dahin war nicht ganz klar, wie viel Platz der Buchrücken braucht, was aber wichtig für den genauen Sitz der Vorder- und Rückseite ist. Die Grafikabteilung setzt sich dran und macht als letzte Aufgabe die Außenhülle des Buches fertig. Damit ist das Buch abgeschlossen, wird von jetzt an bei Druckerei und Binderei weiter bearbeitet, und der gurkentee-Verlag wartet gespannt auf das fertig gebundene Ergebnis. Ein Ergebnis, das in einigen Wochen auf großen Paletten angeliefert werden wird und Platz in meiner Wohnung braucht. Ich habe keinen Platz in meiner Wohnung.

Die vorläufige Lösung ist, dass ich meinen Videoschnittplatz in mein Arbeitszimmer unter das Dach verlege und das freiwerdende, winzigkleine Videoschnitt-Zimmer zum Bücherlager mache. Hoffentlich passen die Prinzenbücher da überhaupt alle rein. So tief zufrieden wie ich ansonsten mit dem gurkentee-Verlag bin, der ja extrem einsatzbereit, flexibel und fröhlich bei der Sache ist, das Lagern der Bücher ist nicht wirklich organisiert. Dass nun im Wohnzimmer zwei Bücherregale etwas von der Wand entfernt stehen, weil dahinter elegant und unauffällig auf zwei Metern Breite eine regalhohe Wand von Giraffenbüchern gestapelt wurde, sollte man nicht öffentlich sagen. Obwohl: Auch das ist Einsatzbereitschaft, Flexibilität und macht fröhlich, wenn man’s weiß. Probleme hat jeder. Die Lösungen sind das Entscheidende.



92 - Sonntag, 31. Januar 2010
Dieser letzte Januartag ist für mich ein besonderer Termin. Damit ist die Buch- und die Videoarbeit erstmal vorbei und morgen, am 1. Februar, beginnt ein neues Projekt. Blöd ist, dass die Arbeit an der Prinz Ferdinand König-CD noch nicht fertig ist. Da hat mich die aufwändige Videoarbeit der letzten Wochen ganz schön aus meinem so gut geplanten Zeitfenster geschubst. Jetzt muss ich im Februar zunächst parallel arbeiten. Mal sehen, ob das gut zu machen ist. Ich bin aber ganz optimistisch, denn die Arbeiten an der Hör-CD und am neuen Projekt sind völlig verschieden. Sie beanspruchen unterschiedliche Kreativitätszentren in meinem Hirn, und ein bisschen hin und her zu wechseln, macht die Leitungen frei. Allerdings hat das neue Projekt einen festen Abgabetermin und muss im Stressfall vorgezogen werden.

Es heißt jetzt für mich, in der langsam beginnenden Arbeitsphase des neuen Projektes möglichst intensiv an der Hör-CD zu arbeiten, damit sie ganz schnell fertig wird. Und das mache ich. Ich spreche meine eigene Erzählerstimme ein und nehme einen der beiden Könige auf. Dann sitze ich am Computer und setze das stimmliche Grundgerüst zusammen. Die Herstellung eines Hörbuchs ist eine sehr konzentrierte Arbeit, die mir total viel Spaß macht. Ich darf meine erfundene und gezeichnete Welt in Hörform aufbauen. Die Liste der benötigten Geräusche wird immer länger. Plätschernder Bach, knarrendes Burgtor, herabfallende Steinbrocken, Fanfare - ohje. Dagegen kann ich eine herunterfallende und über den Boden kollernde Schüssel schnell in meiner Küche nachstellen. Mach ich sowieso manchmal - auch ohne Mikrofon.

Als nicht ganz einfach erweist sich, dass das Buch optisch ganz klar in verschiedene Szenen gegliedert ist, die ich nun irgendwie akustisch voneinander abtrennen muss. Beim Umblättern der Seiten sieht man sofort, dass ein neues Gespräch an einem anderen Ort beginnt, beim Hören wäre es verwirrend, wenn plötzlich andere Darsteller sprechen. Kann ich das ohne erklärenden Zwischentext lösen? Ich hoffe, mir fällt was ein.

Mit dem Liedtexten für das erste Lied klappt es plötzlich auch. Ich muss so was lange in meinem Kopf bewegen und habe dann ganz plötzlich ein Ergebnis. Es ist erst eine Strophe und der Refrain, aber vielleicht will ich es auch gar nicht länger haben. Lieber kurz und knackig als zu viel. Es soll ja sowieso nur drei kurze Liedchen geben. Wobei das erste Lied, das “schön” werden soll, ganz sicher wesentlich schwieriger ist, als die beiden anderen, die “abgedreht” und “lustig” sein dürfen. Seltsamerweise will ich aber unbedingt mit dem anspruchvollsten Lied beginnen. “Mal eben eine Ballade schreiben” - manchmal gucke ich mir selber amüsiert zu.



93 - Sonntag, 7. Februar 2010
Da habe ich einen ganzen Verlag mit Mitarbeitern, aber Regale muss ich immer noch selber aufbauen.
Menno! Damit die neuen Bücher gut untergebracht sind, und weil ich immer noch die monatlichen Kosten für einen gemieteten Lagerraum vermeiden will, räume ich mein nicht mal sechs Quadratmeter großes Videoschnittzimmer leer, um Regale in die Mitte zu stellen. Die Regale haben ein einfaches Stecksystem und ich fluche und verzweifel, weil sich das “einfache Stecksystem” einfach nicht stecken lassen will. Erst als ich auf die Idee komme, energisch mit einem Hammer nachzuhelfen, geht es.

Mein Sohn bietet mir besorgt Ohrstöpsel an, weil das Hämmern auf den Metallteilen unglaublich laut in den Ohren klingelt, aber ich lehne trotzig ab und mecker lieber vor mich hin: “Ich bin Illustratorin, kein Regalaufbauer!” Oder: “Ich bin Verlagsleiterin, kein Regalaufbauer!”. Oder: “Ich bin die Poststelle, kein dämlicher Regalaufbauer!!” Ich hab ja viel Auswahl. Beim dritten Regal habe ich das Aufbauen aber raus und es beginnt sogar Spaß zu machen.

Als die Regale nachher fest und sicher im Zimmer stehen, freue ich mich und bin stolz, dass ich das so gut hinbekommen habe. Außerdem sind sie wirklich sehr stabil. Jetzt hat der gurkentee-Verlag sogar einen kleinen Lagerraum. Vielleicht sollte ich ihn “Lager” nennen, das hat was von Weite und Größe. Das kann er brauchen. In Wahrheit kann ich ja gerade mal knapp um den Regalkomplex herumgehen und muss meine Videos ab jetzt im Dachbodenzimmer schneiden, weil unten kein Platz mehr für einen Schreibtisch ist.

Für die Hör-CD nehme ich endlich den Prinzen auf, der die Hauptrolle hat und das sehr gut macht. Ich finde ihn ziemlich mutig. Er ist zehn Jahre alt, kennt mich bis dahin nicht persönlich und lässt sich von mir abholen, um im kleinen Kellerstudio die Prinzensätze einzusprechen. Das klappt so gut und so schnell, dass ich fast verwundert bin, als auf einmal die letzte Seite dran ist. Schön!

Das neue Projekt hat pünktlich am 1. Februar begonnen und wird mich demnächst sehr in Anspruch nehmen. Ich werde viel schreiben, überhaupt nicht zeichnen, arbeite mit jemandem zusammen, den ich richtig gut finde und weiß nicht, was ich davon überhaupt erzählen darf. Darum heißt es vorerst “Schreibprojekt” und kommt damit sehr mysteriös und spannend rüber. Was für eine Woche: Regale bauen, einen Prinzen aufnehmen und an einem mysteriösen Schreibprojekt arbeiten.



94 - Sonntag, 14. Februar 2010
Die Aufnahmen zur Hör-CD gehen recht zügig voran. Ich habe den Prinzen aufgenommen, die Prinzessin, einen der beiden Könige und die Tante. Nächste Woche haben der Mann mit Kuh und der Professor einen Termin. Es fehlen nur noch sechs weitere Stimmen. Die beiden Kinder, die den Prinzen und die Prinzessin gesprochen haben - wobei die Prinzessin im wahren Leben mehr junge Frau als Kind ist - waren übrigens superklasse. Glücksgriffe. Natürlich habe ich sie ausgesucht, weil ich mir dachte, dass sie das toll machen, aber es freut mich trotzdem, als es dann auch so ist.

Auch mit der Musik scheint es zu klappen. Mir fehlt noch eine gute Melodie-Linie für den Refrain, und ich werde mich mal hinsetzen und vor mich hin summen. Hookline heißt das übrigens, ein Melodie- oder Texthaken, an dem sich das Ohr aufhängt. Hört sich brutal an, ist aber nett gemeint. Sobald ich was habe, das mir gut vorkommt, werde ich es mit einem Finger auf dem Klavier oder mit mehreren Fingern auf meiner Blockflöte zusammensuchen und als Noten aufschreiben. Ich gehöre zu den “Musikern”, die Noten lesen und schreiben können, aber Musik nur vom Blatt abspielen und nicht einfach aus dem Bauch heraus machen können. Ohne Noten total hilflos. Beamtenmusiker nenne ich so was. Da lobe ich mir meinen Gatten und den Sohn, die eine Melodie hören und daraus sofort an der Gitarre oder am Klavier ein Lied machen können. Ich habe vor, die Charts zu stürmen, aber nur aus Prinzip, weil man sich die Ziele hoch stecken soll. Vielleicht schaffe ich es zumindest in die Prinzen-Hör-CD-Charts, da ist hoffentlich gerade nicht so viel Andrang.

Mein neues Schreibprojekt nimmt immer größeren Raum in meinem Tag ein, was aber auch richtig ist. Es ist eine neue Art der Arbeit für mich, weil ich mich zum ersten Mal nicht kurz halten muss, sondern richtig viele Seiten füllen darf. Ich freue mich sehr auf die bald beginnende, vermutlich einige Wochen dauernde Schreibphase, habe aber auch Respekt. Abgabe ist Ende April und das muss ich schaffen. Hoffentlich bleibt mir Zeit genug, mein eigenes Buch zwischendurch zu veröffentlichen. Im letzten Kontrollausdruck, der aus der Druckerei kommt, streiche ich noch schnell einen Satz, weil der völlig blödsinnig ist. “Ich bin ein echter Prinz. Prinz Ferdinand König”, stellt sich der Prinz dem König vor, während die Prinzessin neben ihm steht. Kurze Zeit später fragt die Prinzessin ihn neugierig: “Wer bist du?” und er sagt: “Prinz Ferdinand König.” Entweder ist sie blöd oder sie hört nicht richtig. Ich streiche das erste “Prinz Ferdinand König” weg und sofort wird alles logischer und die Prinzessin intelligenter. So einfach geht das.



95 - Sonntag, 21. Februar 2010
Bei Schnee und Eis fahre ich am Dienstagmorgen zur Druckerei nach Bergisch-Gladbach und gucke beim Drucken zu. Ich habe vorher schon fest definierte Farbmuster bekommen, aber ich finde es beruhigend, doch noch einmal beim Druck das OK zu geben. Es wäre die letzte Möglichkeit noch Einfluss auf die Farben oder die Helligkeit zu nehmen. Der Grafiker und die Drucker freuen sich, dass ich so zufrieden bin, und ich fahre mit einem Druckbogen im Gepäck los, um gleich noch den “Mann mit Kuh” und danach den “Professor” für die Hör-CD aufzunehmen.

Außerdem erarbeite ich mir tatsächlich mit der Blockflöte eine Melodie für den Refrain des Prinzenliedes. Vorher habe ich immer gesagt, dass der Refrain Dur-Akkorde haben soll, damit es frisch und nach Aufbruch klingt. Das erste, was mein Gatte beim Nachspielen der Melodie sagt, ist: “Da ist aber Moll drin.” Tja, keine Ahnung. Ich mache das rein intuitiv. Aber wenn mir Moll eben besser gefällt, muss es Moll sein. Ich will ja nicht Musiktheorie schreiben, sondern ein schönes Lied.

Vermutlich wäre mein Gatte mit dem Zusammenstellen der passenden Akkorde deutlich schneller, wenn ich nicht mitmachen würde. So sitzt er am Klavier, begleitet mich, während ich an der Leadstimme rumpiepse, die natürlich gar nicht meine Tonlage ist - “Das können wir nachher transponieren” - und versucht sich seine steigende Ermattung nicht anmerken zu lassen.
Er spielt, ich sage: “Ja, schön. Aber in der Mitte muss es anders sein.”
“Wie anders?”
“Keine Ahnung. Irgendwie heller. Und schräger. Ich mag schräge Akkorde.”
Palimpalim. “So?”
“Nee. Anders. Fang nochmal an.”
Palimpalim Palimpalim.
“Wow! Das ist super. Aber jetzt war der Anfang nicht so gut. Der war eben besser. Da war es irgendwie tiefer.”
“Irgendwie tiefer?”
“Ja, das ging erst so hoch und dann tief. Jetzt hört es sich zu normal an. Mach nochmal!.” 
Palimpalim. 
“Äh, wo bist du dran? Refrain oder Strophe?”
“Refrain. Sing mal mit!”
Aaaaah,
Aaaaah, Aaaacah - ich hab meinen Ton nicht.”
“Hier:” Plim.

Ich finde, ich habe einen tollen Gatten!
Und ich bin realistisch genung, um zu wissen, dass ich allein mit meinem Liedtext und meiner Blockflöte kein gutes Lied machen könnte.


Die meiste Zeit sitze ich aber in meinem einsamen Dachbodenzimmer und schreibe am neuen Projekt. Dort ist es kühl und einige Hyazinthen verbreiten einen unglaublich starken Duft, der mich beim Betreten des Raumes seelig lächeln lässt. Manchmal denke ich, dass das ein wunderbares Leben ist. Abgeschieden und mit Ruhe die Phantasie laufen zu lassen und Geschichten zu schreiben. Wenn es mir nicht hin und wieder zu einsam wäre, könnte es perfekt sein. Aber da muss ich einfach noch die richtige Mischung finden.

Anfang der nächsten Woche wird sich entscheiden, ob das neue Projekt wie geplant weitergeht. Die ersten geschriebenen Seiten sind fertig, und wenn die meinem Projektpartner überhaupt nicht gefallen und wir keinen gemeinsamen Weg finden, wird es nichts werden. Da helfen auch alle vorher geführten Gespräche, der Spaß und das gemeinsame Planen am Inhalt nichts. Die Sache entscheidet sich am Text. Allerdings sehe ich das locker. Ich habe einen eigenen Schreibstil und halte überhaupt nichts davon, den mit Gewalt zu ändern, um ihn für andere Leute kompatibler zu machen. Entweder es gefällt, oder nicht. Über Details kann man reden, aber nicht über die Grundsachen. Der eigene Stil ist die Stärke. Hat ja auch keiner zu van Gogh gesagt, er solle nicht so grob pinseln, sondern alles fein und gefällig malen. Vielleicht doch. Hat er aber nicht gemacht.



96 - Sonntag, 28. Februar 2010
Van Gogh macht weiter. So wie es ihm Spaß macht. Die Text-Besprechung Anfang der Woche mit meinem Partner vom Schreibprojekt zeigt, dass wir auf einer Welle schwimmen und dass es jetzt richtig losgeht. Für mich heißt das, dass für die nächste Zeit das Schreiben an erster Stelle steht. An der Prinzen-CD kann ich nur zwischendurch arbeiten. Momentan geht das noch ganz gut, denn ich kann sowieso nicht zehn Stunden am Stück schreiben. Könnte ich schon, aber das Ergebnis würde die Aktion wohl sehr in Frage stellen.

Noch finde ich Freiräume, in denen ich an der CD weitermache, und ich habe bis auf den Tanzlehrer auch schon alle Sprecher aufgenommen. Aber die Feinarbeit mit dem Angleichen der Stimmen, den Hintergrundgeräuschen und vor allem meinen sensationellen Liedern, wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Soll ja auch richtig gut werden. Falls ich aber feststelle, dass ich wegen der CD nicht mit voller Energie am Schreibprojekt sitzen kann, werde ich die CD schweren Herzens zurückstellen müssen. Damit wird sich die Veröffentlichung des Prinzenbuches weiter verschieben. Das ist total blöd, aber das Schreibprojekt ist ein offizieller Auftrag und hat einen Abgabetermin. Außerdem macht es total viel Spaß, auch wenn es noch wie ein riesiger, unbewältigter Berg vor mir liegt.

Isabel, die ich als Königin aufnehme und der ich von dieser doofen Parallel-Situation erzähle, fragt: “Warum willst du das Buch unbedingt im April veröffentlichen?”
“Weil ich es eigentlich schon im März fertig haben wollte.”
“Und was spricht jetzt dagegen, dass es Mai oder Juni wird?”
“Äh, - - nichts.”
Die Erkenntnis, dass es für meinen Lebenslauf unerheblich ist, ob das Buch nun im April oder im Mai oder im Juni fertig wird, lässt mich ganz ruhig werden. Schade wär’s, aber sonst? Ich will ein gutes Schreibprojekt UND eine gute Prinzen-CD abliefern. Ehe ich irgendwo an Einsatz und Sorgfalt spare, nur weil ich unbedingt an beiden Produkten gleichzeitig arbeiten will, werde ich meine Pläne ändern und sie lieber nacheinander fertig machen. Tut mir weh, ist aber am Ende das befriedigendere Ergebnis. Aber mal sehen. Noch klappt es ja sehr gut mit dem parallelen Arbeiten. Momentan arbeite ich die Liste der Geräusche ab: Plätschernder Bach, zerbrechendes Marmeladenglas, Klopfen an der Tür, herunterfallende Felsbrocken, muhende Kuh ... es gibt mehr als 70 Positionen. Damit bin ich noch eine Weile beschäftigt.

Die Druckerei und die Buchbinderei, die informiert sind, dass sie sich diesmal überhaupt nicht beeilen müssen, ziehen ihre Termine vorbildlich durch und melden für nächste Woche die Anlieferung der fertigen Bücher an. Sie werden vor dem Haus abgestellt und ich muss sie in kleinen Portionen den steilen Aufgangsweg bis ins Haus tragen. Wenn ich 100 Bücher auf einmal tragen könnte, müsste ich bei 5000 Stück 50 mal hoch und runter laufen. Ich kann aber nicht 100 Bücher auf einmal tragen. Höchstens 20. Als Buchautorin im Eigenverlag muss man Spitzensportlerin oder ganz schon bescheuert sein.

Gerade als ich überlege, wer mir beim Tragen helfen könnte, bekomme ich von einem sehr netten Bekannten das Angebot, die Bücher in seiner Firmenhalle abstellen zu können. Platz hätte er genug. Das wäre natürlich sensationell und würde mir erstmal helfen, nicht vollkommen im Bücherstapel-Chaos zu versinken. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie plötzlich Lösungen vor mir stehen, mit denen ich nicht gerechnet habe.



97 - Sonntag, 7. März 2010
Der Prinz ist da! Die Druckerei liefert ihn auf Paletten im so überraschend angebotenen Lagerraum an. Der ist zwar 51 Fahrminuten von mir entfernt, aber eine echte Glücksache. Die Bücher stehen dort sicher und trocken und nehmen in einem großen Lagerraum verhältnismäßig wenig Platz ein. Während sie bei mir alles vollstopfen würden, fallen sie dort kaum auf. Für mich entspannt sich die Situation enorm.

Aber ich habe ja mein mühsam mit dem Hammer zusammen”gestecktes” Schwerlastregal im ehemaligen Video- Schneidezimmer. Darum fahre ich gleich am Anlieferungstag zum netten Lagerraumbesitzer und lade mit ihm zusammen die erste Palette Prinzen ins Auto. 1340 Prinz Ferdinand Königs, unauffällig in braunen Pappkartons verpackt.

Da ich nicht die komplette Lieferung unterbringen muss, kann ich sogar noch die gestapelten Apfelquieker und Giraffen aus dem Flur holen und in die Prinzen-Lücken räumen. Danach ist mein Flur frei, das Schwerlastregal erst zur Hälfte voll und ich werde in der nächsten Woche noch eine Ladung Prinzenbücher holen können.


Hey - mein drittes Buch ist fertig!
Ich stehe nicht mehr so überwältigt staunend davor wie vor dem ersten, aber es ist trotzdem ein tolles Gefühl. Da steckt so viel Arbeit drin, so viele Ideen und so viel von mir. Aus meinem Kopf über meine Finger in das Buch. Schön ist es, wenn es jetzt auch ein Teil vom Leben vieler Kinder wird. Wenn sie sich mitnehmen lassen auf die Reise von Prinz Ferdinand König und seinen Erkenntnissen vom Glück.

Hoffentlich habe ich jetzt noch genug Zeit, möglichst schnell die Hör-CD fertig zu machen, denn nur mit ihr ist das Buch vollständig und kann veröffentlicht werden. Das soll jetzt doch möglichst bald geschehen. In der nächsten Woche werde ich die letzte noch fehlende Stimme, den Tanzlehrer, aufnehmen, dann beginnt das aufwändige Abmischen.

Beim neuen Schreibprojekt geht es gut weiter, was toll ist, mich aber auch vom Arbeiten an der Hör-CD abhält. Ich schreibe relativ viel, bin oft erstaunlich geschlaucht nach der konzentrierten Arbeit und habe trotzdem viel Spaß. Es ist ein großes Vergnügen mit dem Schreibprojekt-Partner zusammen zu entwickeln und gemeinsam an der Geschichte zu arbeiten. In den nächsten Wochen ist noch sehr viel zu tun, aber ich glaube jetzt schon, dass mich das ganze Projekt persönlich weiterbringt. Es gibt viel Neues, ich muss anders denken, als bei meinen Kinderbüchern, aber ich merke, dass mir das nicht schwer fällt. Und dass diesmal gar keine Bilder dabei sind, kommt mir nicht mal seltsam vor.



98 - Sonntag, 14. März 2010
Die Prinzen-Bücher liegen noch im Karton, die Hör-CD ist nicht mal zur Hälfte fertig, ich bin die nächsten Wochen mehr als voll mit meinem Schreibprojekt beschäftigt, das Weihnachtstheaterstück muss auch noch in die End-Bearbeitung - und dann das: Ich habe die Idee für ein 24-Seiten-Kinderbuch mit wenig Text und viel Bild, und ich möchte außerdem ein mindestens 60-Seiten-Buch über die völlig abgedrehten Erlebnisse eines Mädchens machen, das von seinen Eltern über Bord geworfen wird. Außerdem beschließe ich, dass meine Kinderbuchgeschichten nur von PIXAR animiert werden sollen, weil die mit so viel Einsatz und Herz arbeiten und das gut zur Arbeitsweise des gurkentee-Verlages passt. An Schreibblockade, Ideenversiegen oder fehlendem Größenwahn leide ich jedenfalls nicht.

Zum Glück kann ich mich mit vereinten Kräften davon abhalten, sofort mit den neuen Kinderbüchern zu beginnen. Bis zum Sommer reichen die Prinzen-CD, das Schreibprojekt und der letzte Schliff am Theaterstück völlig aus, um mich gut zu beschäftigen. Außerdem ist mein Ferienhund wieder für zwei Monate da und möchte täglich mit mir über lange Feldwege laufen. (Das erklärt, wer da so unauffällig hinter den Prinzenbüchern sitzt.)

Zufällig finde ich jetzt auch noch mein zukünftiges Firmengebäude. Drei Stockwerke mit nettem Hauptportal, dahinter der Hof und eine große Lagerhalle. Ich fahre versehentlich mit dem Auto daran vorbei, weil ich falsch abgebogen bin und einen Umweg fahren muss, und weiss sofort, dass es genau das ist, was ich suche. Leider gehört es einer anderen Firma, die da wohl nicht ausziehen will. Außerdem kann ich es nicht bezahlen. Aber allein das Wissen, dass es es gibt und ich es gefunden habe, macht mir schon gute Laune.

Mir geht’s gut, der Frühling naht und heute nehme ich noch den Tanzlehrer auf, die letzte Stimme für die Hör-CD. Was für ein netter Sonntag.



99 - Sonntag, 21. März 2010
Menno! Ich möchte so gerne die Hör-CD fertig machen, weil es schön wäre, den Prinzen endlich abzuschliessen und veröffentlichen zu können. Dass das Buch komplett fertig rumliegt und die CD nicht voran kommt, ist ein ganz blödes Gefühl. So wie kurz vor dem Ziel gestoppt und festgehalten. Aber ich bin einfach zu stark mit dem Schreibprojekt beschäftigt und es wäre blöd, das Schreiben zu lassen, wenn mir da gerade so viel einfällt. Die CD ist ja nicht mal eben in drei Stunden gemacht, sondern braucht noch einige Tage konzentrierter Arbeit, die ich dann wiederum nicht ins Schreibprojekt stecken könnte. Die Tage sind einfach zu kurz für mich. Aber der Frühling kommt! Ich merke es, weil ich im Arbeitszimmer ohne dicke Jacke sitzen kann.

Ich arbeite aber zu viel. Meine Müdigkeit wächst, die Ränder um die Augen werden dunkler, ich will manchmal das Telefon und die wenigen anderen Termine rauswerfen, und trotzdem geht es mir gut. Die Arbeit macht eben auch viel Spaß und ich mag es, intensiv an etwas dran zu sein. Allerdings freue ich mich riesig auf den Juli. Da werden sowohl CD als auch Schreibprojekt fertig sein, ich habe in der ersten Woche noch zwei Lesungen und danach Urlaub! Und bei meinen zukünftigen Planungen werde ich möglichst daran denken, zwischen allen Projekten einen zeitlichen Sicherheitsabstand einzubauen, damit nicht wieder, wenn sich unerwartet etwas verschiebt, zwei große Sachen gleichzeitig laufen.

Mein Sohn hat die Idee, dass ich im nächsten Buch eine “hidden page” als Überraschung machen kann, so wie es auf manchen CDs den “hidden track” gibt, eine kleine Extra-Aufnahme, die überraschend startet, wenn man die CD minutenlang weiterlaufen lässt. Im Buch gäbe es dann einige leere Seiten und völlig überraschend noch eine Extra-Geschichte. Ich finde, die Kreativität meines Sohnes passt sehr gut in den gurkentee-Verlag.



100 - Sonntag, 28. März 2010
Es wird nicht im April geschehen. Und vermutlich nicht mal im Mai. Gestern, beim Spazierengehen mit dem Ferienhund, wurde mir plötzlich klar, dass die Prinzenveröffentlichung in naher Zeit nicht zu machen ist. Und wenn es mir klar ist, ist es Quatsch, dass ich noch lange überlege, ob es nicht doch irgendwie möglich ist. Tatsache ist, dass ich die nächsten beiden Wochen komplett zum Schreiben benötige. Und zwar ganztägig. In genau zwei Wochen möchte ich das dicke Schreibprojekt in der ersten Version fertig haben, um dann mit der Feinarbeit beginnen zu können. Es wäre total blöde, wenn ich auch noch stundenlang an der Hör-CD arbeiten würde. Die Zeit habe ich einfach nicht.

Die Entscheidung tut weh und ich bin nicht sehr glücklich darüber, aber auf der anderen Seite ist sie auch klar und beruhigend. Jetzt also erstmal volle Kraft ins Schreibprojekt und sobald sich danach wieder erste Freiräume zeigen, sofort an die CD. Vermutlich ist das für beide Sachen effektiver. Vor mir liegt jetzt also ein halber Monat, in dem ich sehr viel Zeit schreibend in meinem Arbeitszimmer verbringen werde. Sieht nach außen vielleicht langweilig aus, aber ich finde es ziemlich spannend und freu mich darauf.

Aber um das Prinzenbuch jetzt nicht ganz an den Rand zu stellen, gebe ich schon mal bekannt, dass es mit 60 Seiten 12 Seiten mehr als die Giraffe hat, aber totzdem ebenfalls 18,- Euro kosten wird. Kaufen kann man es aber erst, wenn die CD hinten drin ist, was ja leider noch einige Wochen dauern wird. Den Start der Vorbestellung gebe ich rechtzeitig bekannt, sobald ich abschätzen kann, wann alles fertig ist. Zumindest die ersten 100 oder 200 Bücher werde ich wieder handnummerieren, so dass die später, wenn die dritte Millionenauflage des Buches am Start ist, als Erstausgaben sehr wertvoll sind. Wie immer bei Anlagetipps, sollte man sich auf solche Versprechungen aber nicht blind verlassen.

Gut überlegen sollte man auch, ob man im Sommer mit einem Prinzenbuch zur Bank geht und es im Vertrauen auf den gigantischen Wertzuwachs zu Verhandlungen einsetzt. “Ich habe hier ein Prinzenbuch mit einer Nummer unter 100 und möchte damit ein Einfamilienhaus finanzieren.” Die Möglichkeit, dass die Antwort: “Kein Problem, ich habe damals mit der Giraffe Nr 46 eine nette Stadt-Villa finanziert”, ist, halte ich für relativ gering. Aber natürlich möchte ich niemanden davon abhalten, es einfach mal zu versuchen. Toi, toi, toi.


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