KINDERBUCH-BLOCK 12   Teil 111-120

Kinderbuchblock Nummer:
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111 - Sonntag, 13. Juni 2010
Das Schreibprojekt ist fertig geschrieben und abgegeben! Mir geht es supergut. Ich mache mir keine Gedanken, ob ich in zwei Wochen vielleicht höchsten Stress habe, weil ich dann noch dringende Änderungen durchführen muss oder ob der Verlag es vielleicht komplett ablehnt und damit die Arbeit umsonst war. Ich genieße das gute Gefühl, dass ich es geschafft habe. Egal wie es ausgeht, es war eine großartige Erfahrung, die mich persönlich weitergebracht hat.

Außerdem entdecke ich an mir Workaholic-Anzeichen. Das wird den ein oder anderen vermutlich wundern. Also nicht, dass ich diese Anzeichen habe, sondern dass ich sie erst jetzt selber entdecke. Bisher habe ich meine Aktivität als “ich mache eben gerne was” bezeichnet, aber erste Zweifel kommen, als ich mich gleich nach dem Abschicken des Textes - noch zufrieden grinsend - im Wohnzimmer umsehe und überlege, ob ich den vollgestopften, wackeligen Schrank ausräumen und entsorgen, ein Regal bei IKEA kaufen und zusammenschrauben und alle Sachen geordnet wieder einräumen soll, jetzt, wo ich ja gerade frei habe. Bin ich eigentlich total bescheuert? Ich sollte lieber mit einem glücklichen Seufzer, einer Kanne Tee und einem Buch in den Garten verschwinden. Es wäre viel wichtiger mal wieder einen Gang zurückzuschalten.

Natürlich fange ich im Wohnzimmer an. Aber ich weiß, ich bin nicht so hyperaktiv, weil es mir ums Arbeiten und blinde Beschäftigtsein geht. Ich will jetzt einfach wieder ein schönes Wohnzimmer haben, in dem ich durchatmen kann. Beruhigenderweise kann ich anfallende Arbeiten ja auch sehr gut liegen lassen, wenn sie unbequem sind oder mit öder Haushaltsführung zu tun haben. Es geht mir nur um die Kreativität. Ständig kreiseln Ideen übers Schreiben, Zeichnen, Videofilmen um mich herum und die kennen keinen Feierabend. Sie überfallen mich beim Autofahren, vor dem Fernseher und im Schlaf. Ich schreibe keine Kinderbücher, um reich und berühmt zu werden und irgendwann mal keine mehr schreiben zu müssen. Ich schreibe sie, weil die Ideen in meinem Kopf sind und raus wollen.

Der Prinz wartet übrigens immer noch auf seine CD, weil ich nach Abschluß des Schreibprojektes erstmal einige Tage brauche, in denen ich NICHT konzentriert in meinem Arbeitszimmer sitze. Zum Glück bin ich so verspätet mit der Veröffentlichung, dass es jetzt auch egal ist. Ist doch beruhigend: Wenn ich selber das Gefühl habe, es ist zu viel, höre ich sogar auf mich.



112 - Sonntag, 20. Juni 2010
Nach der Aufräum- und Regalaktion der letzten Woche ist mein Wohnzimmer wieder ein Zimmer zum Wohnen geworden. Wie viele angestapelte Dinge sich erledigt haben, wenn man sie nur lange genug liegen lässt! Die Mülleimer sind voll, der Schrank übersichtlich und ich kann in aufgeräumter Stimmung an meine anderen Arbeiten gehen. An ein kleines Video, an einen langen Videomitschnitt, an zwei Tage mit Lesungen und an die drei Liedtexte für die Prinz Ferdinand König-CD, aus denen so schnell wie möglich fertige Lieder werden sollen.

Alle drei Texte hängen schon fertig an der Pinwand, müssen von mir aber nochmal kritisch angesehen werden. Die beiden eher lustigen Texte für das Königs- und das Prinzessinnenlied kommen nach wenigen Änderungen durch die Prüfung und sind genehmigt. Die sind kurz und passen zu den Charakteren, da kann nicht viel schief gehen. Leider bin ich beim Text des Prinz-Ferdinand-Liedes mal wieder übergenau und werf den ganzen Mittelteil raus, was Auswirkungen auf den textlichen Anfang hat. Das ist besonders blöd, weil es gerade zu dem Lied schon eine Melodie und Akkorde gibt, aber wenn schon nachdenklich und balladig, dann auch gut. Wie konnte ich jemals schreiben: “Ich geh’ los, ich werde starten”? Starten war ein gutes Reimwort, aber erst gehen, dann starten? Damit komme ich bei mir nicht durch. Also alles raus und neu formulieren. Was will ich eigentlich aussagen und warum reimt sich das nie?

Ich wüsste ja, bei wem ich mir Hilfe holen könnte, weil er wunderbar lockere Liedtexte schreibt, aber ich will es unbedingt selber machen. Lieber nicht so gut, aber von mir. Und auch wenn ich Stunden grübelnd damit verbringe, ein kurzes Lied mal eben locker aus der Hüfte zu formulieren, macht es viel Spaß. Es kommen sogar einige erstaunlich gute Zeilen dabei heraus, die allerdings meistens nicht ins Reimschema passen und gestrichen werden müssen. Später werde ich immer sagen können: “Hätte es sich nicht hinten reimen müssen, wäre es vorne ein wunderbares Lied geworden!”

Aber es gibt auch noch andere Erlebnisse. Als ich in einer Buchhandlung bin, um ein bestelltes Buch abzuholen, dreht sich eine junge Frau um, sieht mich und grüßt sehr freundlich. Vermutlich kennt sie mich von einer Lesung oder hat einen Bericht über mich in der Zeitung gesehen. So was passiert mir inzwischen hin und wieder. Eine Minute später kommt sie lächelnd auf mich zu: “Ich habe ein Buch von Ihnen und das gab es hier mal. Ich sehe es jetzt nur nirgends.” Ja, kann gut sein, denke ich, hier in dieser Buchhandlung gibt es die Giraffe und den Apfelquieker und manchmal sind sie prominent vorne im Regal, manchmal hochkant irgendwo eingeschoben. Das passiert mir inzwischen auch hin und wieder, dass mich Leute, die ich nicht kenne, auf meine Bücher ansprechen und erzählen, wie sehr die ihren Kindern gefallen. Die Frau redet weiter: “Es heißt “Rechnen mit Zahlen bis 10”. Nach einem kurzen Moment der Verwirrung wird mir schlagartig klar, dass sie mich für eine Verkäuferin hält und keine Ahnung hat, dass ich eine berühmte Autorin bin. Ich lache mich innerlich weg und denke: So behält man Bodenhaftung.

Aber anscheinend sehe ich irgendwie kompetent aus. In Schulen werde ich häufig für eine Lehrerin gehalten, in Fachgeschäften und Baumärkten für eine Verkäuferin. Warum guckt mich niemand an und sagt: “Ich kenne Sie nicht, aber Sie sehen aus wie eine erfolgreiche Buchautorin.” Vielleicht sollte ich mir einen Zettel an die Stirn heften: “Buchautorin”. Wirkt nicht unbedingt seriös, könnte meinen Bekanntsheitsgrad aber entscheidend steigern. “Da kommt die Frau mit dem Zettel am Kopf!”



113 - Sonntag, 27. Juni 2010
Am besten teile ich den Bericht in Unterpunkte ein, denn es ist gerade etwas unübersichtlich, weil mehrere Sachen parallel laufen. Hört sich nach viel Arbeit an, aber ich mache mir keinen Stress. Den hatte ich in den letzten Monaten mehr als genug. Jeden Tag arbeite ich irgendwo weiter und wechsel, wenn mir eine andere Sache dringender vorkommt oder ich mehr Lust drauf habe. So ganz nebenbei will ich ja auch noch einen Video-Mitschnitt fertig machen, der noch einige Stunden Zeit in Anspruch nehmen wird.

1. Kinderbuch “Prinz Ferdinand König”
Ich bin immer noch an den Liedtexten zur CD dran, der Rest läuft schleppend, auch wenn alle Sprechstimmen schon lange aufgenommen sind. Jetzt muss ich zunächst mal die Lieder fertig haben, um zu wissen, ob ich sie verwende oder lieber komplett rauswerfe. Parallel arbeite ich auch an den Liedtexten für das Weihnachtsstück, was aber erst zu Punkt Drei gehört. Vermutlich geht es mit der Hör-CD in der nächsten Woche wieder richtig intensiv los und ich gebe Gas.

2. Schreibprojekt
Nach dem Abschicken des Textes und einer Phase der absoluten Stille, in der ich schon phantasiereich vor mir sehe, wie im Verlag alle Verantwortlichen tagelang wie erstarrt um den Konferenztisch sitzen, auf das Manuskript blicken und nicht fassen können, wie sehr am Thema vorbeigeschrieben wurde, gibt es endlich die Nachricht, dass es nur noch ein paar Änderungen geben soll. Die halten sich alle in Grenzen und haben nichts mit dem eigentlichen Verlauf der Geschichte zu tun. Da werde ich mich mit dem Projektpartner zusammen nochmal ransetzen, sobald er Zeit hat. Vielleicht in der nächsten Woche, was dann wiederum Auswirkungen auf die zügige Arbeit an der Hör-CD haben könnte.

3. Weihnachts-Theaterstück
Das Casting ist vorbei, die Rollen sind vergeben. Ich registriere mit Staunen, wie empfindlich ich bin, wenn Sätze falsch betont werden oder eine Rolle ganz anders gelesen wird, als ich es vorgesehen habe, aber da muss ich durch. Die Gelegenheiten, bei denen ich divenhaft aufspringen, entnervt: “So doch nicht!!” brüllen und türeschlagend rauslaufen kann, werden bei den Proben schon noch kommen. Schließlich bin ich Regieassistentin und kann dem Regisseur ständig mit Verbeserungsvorschlägen in den Ohren liegen. Und da ich als Autorin ja die Einzige bin, die genau weiß, wie die Stelle gemeint ist, kann das spannend werden. Andererseits habe ich die kleine Rolle der Sekretärin bekommen und wenn ich mich vorher zu sehr anstelle, wird er mich da mit Regieanweisungen fertig machen. “Linken Mundwinkel höher, die Sprache bitte im Ganzen eleganter und den Gesichtsausdruck deutlich intelligenter!” Das wird schwer.

Nach der Besetzung der Rollen schreibe ich noch eine kleine Rolle dazu und ändere eine andere, weil das Alter des Darstellers dann besser passt, dann geht der Text zum Lernen an die Mitspieler raus. In zwei Wochen beginnen die Proben, Premiere ist Ende November. Ich habe jetzt noch “Lieder schreiben” auf der Liste stehen. Mindestens drei sollen es werden. Dafür, dass ich das noch nie gemacht habe, gehe ich gerade ziemlich forsch und mutig ran. Aber ich habe das sichere Gefühl, dass es klappen wird. Und wenn nicht, lasse ich es beim nächsten Stück. Oder versuche es nochmal.



114 - Sonntag, 4. Juli 2010
Es ist wirklich hart. Auf der Prinzen-Hör-CD soll es drei kleine Lieder geben, die ich selber singen möchte. Die Reaktionen, die ich auf diese Ankündigung hin bekomme, sind in ihrer Tendenz übereinstimmend. Von einem verwunderten: “Echt?” über: “Kennst du keinen, der das machen kann?” bis zu: “DU willst die singen? ... Mmmmh, tja, warum nicht?” ist alles dabei. Nur keine Begeisterung.

Zum Glück habe ich Humor. Und außerdem die seit langem gewachsene Erkenntnis und inzwischen feste Überzeugung, dass es nicht auf Perfektion ankommt. Perfektion ist meistens langweilig. Vielleicht mal beeindruckend, aber nur selten berührend. In diesem Fall geht es ja gar nicht darum, dass die Lieder schön gesungen werden, sondern dass sie Teil der Geschichte und ein Teil meiner Kreativität sind. Wenn ich jetzt eine megatolle Stimme hätte, würde ich die natürlich noch viel lieber und gleich für fünf Lieder mehr einsetzen, aber da ich sicher weiß, dass ich auch bei allem Bemühen keine Singstimme bekomme, die andere staunen lässt, kann ich locker und mit Spaß rangehen und einfach ins Mikrofon singen. So gut wie möglich natürlich, aber da sind meine Grenzen schnell erreicht, denn ich eigne mich eher für Ensembles als für Soloparts. Egal. Spaß und Begeisterung stehen im Vordergrund. Die Lieder müssen zum Stück passen und sind nicht für die Charts gedacht.

Obwohl ich natürlich gegen gute Chartplatzierungen keine Einwände erheben würde. Wenn in Discos der neue Hit, das Königslied, durch den Raum dröhnen würde, während alle abtanzen und laut mitsingen: “Ein König muss regieren, darf alle kommandieren, er geht nie ohne - Krone”, das hätte schon was! Da würde die Einladung als Haupt-Showact bei “Wetten dass” wohl nicht lange auf sich warten lassen. Vermutlich würde Herr Gottschalk bei der Runde auf dem Sofa danach fragen, ob ich keinen kenne, der das hätte singen können.



115 - Sonntag, 11. Juli 2010
Die Texte für die drei Prinz-Ferdinand-Lieder sind fertig und die Melodien und Akkorde gibt es auch schon, jetzt müsssen sie “nur” noch aufgenommen werden. Ich bereite mich auf ein intensives Aufnahme- Wochenende vor, da rauscht mitten in der Woche das Schreibprojekt um die Ecke und hat es eilig. Sehr eilig sogar. Also wieder weg mit den beinahe schon fertigen Prinzenliedern auf den Wartestapel und ran an den Computer, um zu schreiben. Das Schreibprojekt bedeutet jetzt noch einmal wirklich heftige Arbeit, aber es geht um die Endfassung, und es ist motivierend, dass ich in der nächsten Woche endlich mal wieder etwas richtig abschließen kann.

Blöd ist nur, dass ich in der aktuellen Hitzewelle ein auf gefühlte 75 Grad aufgeheiztes Arbeitszimmer habe. Einfaches Sitzen lässt dort schon den Schweiß ausbrechen, aber ich muss dort täglich nicht nur viele Stunden sitzen, sondern auch sinnvolle Sätze überlegen. Ich tu so, als würde ich mich zu einem Schreiburlaub in der Karibik aufhalten, wo ich diese Temperaturen für normal halte, und tippe tapfer weiter. Wenn ich weiß, dass draußen vor der überhitzten Hütte die Palmen leise rauschen und ein türkisblaue Meer wartet, in das ich gleich reinspringen werde, geht es. Zwischendurch flüchte ich nach unten ins warme Wohnzimmer, um mich abzukühlen. Wer weiß, wie warm es in meinem Wohnzimmer sein kann, hat eine ungefähre Ahnung, was für Temperaturen im Dachzimmer herrschen müssen. Trotzdem arbeite ich lieber alleine und in großer Ruhe dort oben, als im von Familienmitgliedern belebten Wohnzimmer.

Auch ansonsten geht alles auf das Ende zu. Der schon lange überfällige Video-Mitschnitt ist inzwischen  fast fertig und muss “nur” noch durch die Endbegutachtung - die Stunden dauern wird, weil Farben und Lautstärke angepasst werden müssen - und danach steht der Prinz in Hörspielfassung endgültig ganz oben auf meiner Liste. Es fehlen noch die Musikuntermalung, einige Geräusche und die letzte Feinabstimmung. Wenn alles klappt, geht die CD Anfang August ins Presswerk. Ich drück mir mal fest die Daumen. Vermutlich kann ich in spätestens 14 Tagen auch endlich Angaben über den Veröffentlichungstermin und die Vorbestellmöglichkeiten machen. Es wird Zeit - der Prinz will in die Welt. Außerdem habe ich eine lange Sommerpause vor mir, sobald das Schreibprojekt, der Video-Mitschnitt und die Prinzen-CD fertig sind, und die hätte - wenn es nach Plan gegangen wäre - genau an diesem Wochenende beginnen müssen. Aber was geht bei mir in den letzten Monaten schon nach Plan? Übrigens werden während der Sommerpause die Proben für das Weihnachts- Theaterstück weiterlaufen, aber ansonsten tauche ich einfach mal ab.



116 - Sonntag, 18. Juli 2010
Fertig!! Das Schreibprojekt ist geschafft! Es war mehr Arbeit als ich vorher dachte, es war viel anstrengender und es war eine großartige Erfahrung. Die letzten Tage der Woche sind geprägt von viel Arbeit und wenig Schlaf, so wie es kurz vor irgendwelchen Abgaben meistens ist. Jetzt ist das Projekt abgeschlossen, und ich bleibe zurück mit einer Mischung aus Erschöpfung und Hyperaktivität. Ich könnte auf der Stelle einschlafen, aber erstmal guck ich, wo der nächste Baum zum Ausreißen ist. Wie könnte ich auch von hoher Aktivität sofort auf Null runterfahren?

Es wird wirklich Zeit, dass meine Sommerpause beginnt, damit ich mal mit dem Bäume Ausreißen aufhöre und einfach entspanne. Vor der Pause mache ich aber noch die Prinzen-CD fertig, was etwa zwei bis höchstens drei Wochen dauern wird, und gebe sie ins Presswerk. Das braucht dann zwischen einer und acht Wochen, je nach Auftragslage. Das Einzige, das in der Sommerpause weiterlaufen wird, ist das Weihnachts-Theaterstück. Da haben die Proben inzwischen begonnen und es macht richtig Spaß. Aus meinem geschriebenen Stück “Die Weihnachtsfabrik”  werden real umgesetzte Bilder. Als frisch gebackene Regieassistentin bin ich bei fast allen Proben dabei und kann sogar eigene Vorschläge für die Umsetzung anbringen. Ich denke, dass ich nette Ideen und meistens ein recht gutes Gespür für Timing und Spannung habe, aber in erster Linie lerne ich viel über Regie. Dass Ingo Brückner, der Regisseur, auch aus dem Telefonbuch ein tolles Bühnenstück machen könnte, wie ich mal behauptet habe, bestätigt sich für mich wieder. Das werden sicher noch einige spannende Monate bis zur Premiere.



117 - Sonntag, 25. Juli 2010
Schon wieder bekomme ich das Schreibprojekt zurück. Diesmal, um die für den Druck gesetzte Fassung zu lesen. Die letzte Chance, um festzustellen, ob auch alle Zeilen den Weg aus dem Manuskript in die Druckversion gefunden haben und um letzte Fehler zu entdecken. Bisher stand der Text eng auf großen Din-A4-Seiten, jetzt ist alles in Form gebracht und sieht schon aus wie ein richtiges Buch. Faszinierend.

Trotzdem ist es anstrengend einen Text, den ich fast auswendig kenne, erneut konzentriert zu lesen. Vor allem, da ich es erst in der letzten Woche getan habe und weil es sich um etwa 350 Seiten handelt. “Ganz ohne Bilder?”, fragt eine nahe Verwandte und setzt enttäuscht hinterher: “Das ist doch langweilig!” Na, ich hoffe doch nicht! Selber beurteilen kann ich das inzwischen aber nicht mehr. Aber wer will, kann sich ja später selber Bilder neben den Text malen.

Der Prinz liegt schon auf dem Tisch und wartet ungeduldig. Jeden Tag erzähl ich ihm, er wär morgen dran, aber immer wieder schiebt sich etwas anderes rein. Aber es ist auch Quatsch in kleinen Portionen an ihm zu arbeiten und ständig zu unterbrechen. Der Videoschnitt ist fertig, das Schreibprojekt bald auch - kann sich ja nur noch um ein paar Tage handeln, bis der Prinz zum Mittelpunkt wird.

Und: Erstaunlicherweise kann ich feststellen, dass es ein Buch über die kleine Giraffe tatsächlich schon in einem Buch-Antiquariat gibt. Für 25,43 Euro kann man dort ein gut erhaltenes Exemplar der 1. Auflage bekommen. “... leider ohne CD”. Was für eine Wertsteigerung! Von 18,00 mit CD auf 25,43 ohne CD. Ich überlege, ob ich meine Preise für Giraffenbücher denen des Buch-Antiquariats anpassen soll, aber was mach ich dann, wenn es die Bücher demnächst auch bei Ebay für 1 Euro geben sollte?



118 - Sonntag, 1. August 2010
Jede Woche grüßt das Murmeltier. Schon wieder bekomme ich das Schreibprojekt zurück. Langsam lache ich nur noch los, wenn es wieder da ist. Inzwischen ist es fertig geschrieben, lektoriert, in Buchform gesetzt und abschließend überprüft, jetzt muss es noch für die Hörbuchversion gekürzt werden. Dafür gibt es beim Verlag “Kürzer”, aber ich mache das lieber selber, damit nachher nicht für mich wichtige Stellen verschwunden sind und dafür Nebensächlichkeiten drin bleiben. Ob die Kurzversion überhaupt für ein Hörbuch funktioniert, kann man erst feststellen, wenn man sie gemacht hat und durchliest. Es kann also sein, dass ich jetzt intensiv arbeite und nachher Projektpartner und Verlag: “Ach, nö, gekürzt geht das doch nicht” sagen. Diese Möglichkeit hält mich aber nicht davon ab, es so gut wie möglich zu versuchen.

Es ist jetzt August. Im Juli sollte “Prinz Ferdinand König” allerspätestens erscheinen und im Februar erschien mir das schon als der schlechtmöglichste Fall. Jetzt ist es noch schlimmer gekommen, denn vor September kann das gar nicht mehr klappen, auch wenn ich inzwischen wieder an der CD arbeiten kann. Aber was macht das aus? Was ist daran wirklich schlimm? In hundert Jahren interessiert es höchstens noch meinen Biographen, ob und warum das Buch erst ein halbes Jahr nach dem Druck erschienen ist.

Frohgemut singe ich also das erste Prinzenlied ein und höre dabei ganz deutlich, dass ich gerade noch in eine mehrstimmige Gesangstruppe passe, eine Solo-Gesangskarriere aber nicht in Betracht ziehen sollte. Das wusste ich allerdings vorher schon. Für Mariah Carey fehlt mir ein Jodel-Gen. Einnähen in Kleider und aussehen wie eine Presswurst wäre möglich, aber da verzichte ich dann auch drauf. Aber egal, so lange ich nicht ständig schräg neben dem Ton liege, kann ich meine gesanglichen Darbietungen als Teil der Hör-CD vertreten.

Das nebenstehende Foto hat übrigens in keinster Weise Ähnlichkeit mit den Gesangsaufnahmen. Sieht nur cooler aus als brav und langweilig vor dem Mikrofon zu stehen.

Mal sehen, wie schnell ich jetzt voran komme. Es fehlen noch zwei weitere kurze Lieder und einige Geräusche. Mein Ziel wäre es schon, in zwei Wochen an der Endabmischung zu sein. Dann könnte ich auch endlich einen genauen Vorbestelltermin angeben. Der liegt vermutlich noch im August, das Buch ist dann hoffentlich im September bereit zur Veröffentlichung.



119 - Sonntag, 8. August 2010
Das Schreibprojekt ist fertig! Sieht wenigstens so aus, als ob ich es nicht noch einmal auf den Schreibtisch zurück bekäme. In zwei Monaten wird es, gedruckt und gesprochen, wieder an die Öffentlichkeit kommen. Natürlich wird es ein Bestseller. Von daher können sich interessierte Leser im Herbst einfach irgendeinen Bestseller aussuchen, auf dem NICHT mein Name steht, und vermuten, dass es das geheimnisvolle Schreibprojekt sein könnte, an dem ich mit meinem Partner geschrieben habe. Damit bin ich prima raus. Bestseller gibt es immer und jeder könnte meiner sein. Und wenn nicht, merkt’s auch keiner. Genial.

Endlich kann ich aus dem Arbeitzimmer raus und wieder in die freie Natur. Ich wähle einen frühen Morgen, fahre eine halbe Stunde raus in die Eifel und gehe in einen einsamen Wald, in dem es regnet. Mit dem Regen hatte ich nicht gerechnet, sonst hätte ich eine Regenjacke mitgenommen.


Aber mir geht es gar nicht um den Wald, sondern um eine Höhle, die ich betrete, um polternde Steine in einer Höhle aufzunehmen. Die brauche ich für die Prinzen-Hör-CD. Die Höhle ist dunkel und so ganz alleine da drin ist es nicht nur schön, aber wenigstens leise. Wobei ich viel lieber alleine da drin bin, als auf seltsame Typen oder verschlafene Wildschweine zu treffen.















Natürlich habe ich auch überhaupt nicht daran gedacht, eine Taschenlampe mitzunehmen - wer denkt da bei einem Höhlenbesuch schon dran? - so dass ich beim Betreten einer Nebenhöhle fast auf einem nassen Stein ausrutsche, weil ich zuerst überhaupt nichts sehen kann, und mehr springend als stolpernd den letzten Meter schaffe. Mit etwas Glück kann ich das Gleichgewicht halten, während mir blitzartig durch den Kopf geht, dass ich mir vielleicht gerade den Fuß breche, dann nach dem Handy greife, erkenne, dass ich mich leider in einer Höhle und einem Eifeler Funkloch befinde und anschließend in einer kalten, dunklen Höhle darauf warte, dass mich die nächste Besuchergruppe findet. Es ist Donnerstag und spätestens am Sonntag wird wohl wieder jemand kommen - falls es dann nicht mehr regnet. Meine Erklärung: “Ich bin Kinderbuchautorin und habe mir in Ausübung meines Berufes in einer dunklen Höhle den Fuß gebrochen” erscheint mir unstimmig, aber sie wäre wahr.

Mit nassen Haaren, heilen Knochen und einem Aufnahmegerät voll mit “in einer Höhle polternder Steine” kehre ich zurück, und mein Gatte versichert: “Am Abend wäre ich mal losgefahren, um dich zu suchen.” Ich überlege, wie viele potentielle Höhlenbesucher ich an diesem Morgen vom Betreten der Höhle abgehalten habe, weil es da drinnen so seltsam polterte und anscheinend ein Idiot mit Steinen rumwarf. Wie gesagt, ich bin Kinderbuchautorin und muss das beruflich machen.



120 - Sonntag, 15. August 2010
Jetzt muss ich gar nicht mehr am Schreibprojekt arbeiten, aber konzentriert an die Prinzen-CD gehen kann ich immer noch nicht. Von der Seite schiebt sich jetzt nämlich das Weihnachts-Theaterstück rein und sagt: “Hey! Ich bin ein bisschen dringend!” Damit hat es Recht. Es braucht ein Plakat, damit die Werbung beginnen kann und es braucht Lieder, die bis zur Aufführung eingeübt sein müssen. Also singe ich zuerst meine drei Prinzenlieder ein - immer noch in einer Arbeitsversion - und schreibe sofort danach den Text des ersten Theaterstück-Liedes fertig. Zum Glück wird es kein Musical, sondern es gibt nur “kurze musikalische Einlagen”, so dass die Arbeit überschaubar ist. Vor allem überlasse ich die musikalische Umsetzung dem Gatten und dem Sohn, die das können. Ich kümmer mich um die Texte, singe vor, wie ich mir die Musik ungefähr vorstelle, warte ihren Lachanfall ab und höre dann zu, wie sie ordentliche Melodien daraus machen.

Dann male ich am Theater-Plakat. Der Bild-Ausschnitt rechts zeigt, dass das Stück kein zuckersüßes Schmusegesülze wird, sondern dass es knallhart um Weihnachten geht. Aber natürlich wird es auch lustig und kindgerecht sein, das ginge bei mir gar nicht anders. Die Proben für das Weihnachtsstück finden zurzeit zweimal in der Woche in einem privaten Garten statt. Er ist von hohen Hecken umgeben und die umliegenden Nachbarn können alles hören, aber nichts sehen. Es hat schon etwas Schönes, wenn mitten im August laut durch die Gärten schallt: “Halt, ihr Rentiere! Seht ihr denn den Schornstein nicht?” Noch schöner ist es, wenn in einer anderen Szene ein hörbar junges Mädchen mehrfach sehr laut: “Lassen Sie mich los!” schreit. Dann formt der Regisseur gerne mal mit seinen Händen einen Schalltrichter und ruft hinterher: “Theaterprobe!”, damit es keine Unruhe im Viertel gibt. Es macht alles viel Spaß.

Ein netter Bekannter, selber beruflich Sänger und Entertainer, fragt mich interessiert: “Wie viele Aufführungen gibt es?” und guckt mitleidig, als ich von acht spreche. Betrübt schüttelt er den Kopf: “Ach, das kenne ich noch von früher. Für acht Vorstellungen so ein Aufwand. Wenn ihr doch wenigstens auf Tournee gehen könntet!” Tja, geht leider nicht, aber immerhin können wir uns vornehmen, ein richtig tolles Stück auf die Beine zu stellen und damit acht supergute Vorstellungen zu spielen.


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