KINDERBUCH-BLOCK 14   Teil 131-140

Kinderbuchblock Nummer:
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131 - Sonntag, 31. Oktober 2010
Hör-CD, Hör-CD, Hör-CD. Das sind die Themen, die in dieser Woche für mich wichtig sind. Jeden Tag sitze ich stundenlang am Computer, rücke Tonspuren zusammen, vergleiche Lautstärken und überprüfe, ob die musikalischen Hintergründe passen. Zum Glück finde ich noch ganz viele kleine Lücken im Projekt, kann Dialoge zügig setzen und Zwischenmusiken streichen, so dass die CD-Länge schnell unter die Maximallänge von 74 Minuten rutscht. Die Sorge der Überlänge von letzter Woche war unbegründet, es löst sich alles von alleine. Sogar die drei Lieder können drin bleiben. Das erste Probehören der CD auf einer Fahrt im Auto zeigt noch Lautstärkeschwächen, manchmal an Stellen, an denen ich es gar nicht erwartet habe, weil sie am Arbeitscomputer ausgewogen klingen, aber es ist wirklich nur noch eine Feinabstimmung nötig. Die wird allerdings mindestens einen Tag dauern.

Die Lieder werden im musikalischen Unterbau jetzt bewusst einfach gestaltet. Sozusagen an meine einfache Stimme angepasst. Es gäbe die Möglichkeit Hall, Schnickschnack und eine bombastische Instrumentalbegleitung drunterzulegen, um sie aufzublasen und poppiger zu machen, aber das würde gar nicht passen. Vorher habe ich mir keine großen Gedanken über das Endresultat der Lieder gemacht und erstmal zu einer einfachen Akkordbegleitung gesungen. Das sollte danach noch irgendwie bearbeitet werden. Jetzt stelle ich fest, dass bei der Hör-CD unbedingt der Vorlesecharakter behalten werden soll. Ich bin die Erzählerin und zwischendurch singe ich eben mal. Das ist, als wenn Mutti zuhause beim Lesen unterbricht und schnell ein thematisch passendes Lied singt. Die hört sich stimmlich dabei im Regelfall auch ziemlich normal an. Außer sie heißt Mariah Carey und jodelt rum.

Aber natürlich gibt es richtige, echte Musik dazu und ich werde nicht selber einzelne Akkorde auf einer Wandergitarre zusammensuchen, um die Atmosphäre von “Mutti singt beim Vorlesen ein Lied” zu erzeugen. Aber sparsam darf die Begleitung sein, dann wirken auch die Texte besser. Wie immer drängen sich auch jetzt wieder wichtige Termine in die Endproduktion und ich muss irgendwie eine ganztägige Theaterprobe und ein mehrtägiges Filmprojekt mit meiner CD-Feinabstimmung kombinieren. Aber das klappt schon. Keine Ahnung wie, aber ich bin tatsächlich überzeugt, dass alles wie auf einer riesengroßen Welle in die richtige Richtung geht. Merkt man mir an, dass ich bis oben voll mit positiver Energie und großen Plänen bin?


132 - Sonntag, 7. November 2010
Im Kalender steht eine Woche Berlin. Passt zeitlich natürlich überhaupt nicht und verhindert prompt den geplanten Abgabetermin für die Hör-CD. Ich muss am Sonntagabend entscheiden, ob ich den letzten Tag zuhause für die Finalbearbeitung der CD verwende, oder meine Sachen für Berlin vorbereite und einpacke. Da die Berlintour ohne vorbereitete und eingepackte Sachen völlig überflüssig wäre, entscheide ich mich fürs Packen. Das ist auch richtig, denn ich freue mich schon seit dem Sommer auf diese Woche und außerdem wird mir eine Hörpause gut tun. Das macht die Ohren wieder aufmerksam für die Feinheiten der CD. Ich kann den Prinzen inzwischen fast auswendig mitsprechen, was bei mir, die so schlecht Texte im Kopf behalten kann, schon was heißt. Die Veröffentlichung des Buches am 1. Dezember wird das alles vermutlich nicht gefährden. Ich muss den fehlenden Tag einfach in der nächsten Woche sofort dranhängen, einen ganzen Tag lang an der CD arbeiten und sie dann ins Presswerk geben, dann klappt es schon.

In Berlin gibt es lockeres Sightseeing, gemütliches Frühstücken in Cafés, viel Videofilmerei eines wunderschönen Programms in einem wunderschönen Theater und nächtliches Nachglühen mit netten Leuten, Gesprächen und Gelächter. Alles stressfrei und mit Spaß - genau das, was ich jetzt brauche. Das Filmen klappt, Licht ist gut, Positionen sind prima, jedes vorher angedachte Problemchen löst sich vor Ort in Luft auf, und ich merke, wie entspannt und freudig ich bei der Sache bin. Ich weiß, was mir wichtig ist, was ich kann und mache genau das, was mir Spaß macht - da kann gar nichts schief gehen. Außerdem gibt es im gefilmten Programm so schöne Bilder und Lieder, dass ich jeden Abend genieße und das Filmen überhaupt nicht als Arbeit bezeichnen kann. Ein Techniker läuft vorbei und trägt ein T-Shirt mit dem Spruch ”Don’t dream it - be it!” (Träum es nicht, sei es!) und ich grinse breit und denke: “Mach ich doch!”

Zwischendurch besuche ich als gurkentee-Mitarbeiterin sogar den Berliner Zoo, sehe den berühmten Knut, der ja nun, wo er groß ist, völlig unerwartet und gänzlich überraschend wie ein ganz normaler, großer Eisbär und damit wie jeder andere normale, große Eisbär aussieht, und gucke mir danach den Darsteller für mein nächstes Bilderbuch an. Den gibt es nämlich nicht in jedem Zoo und ich habe vor, schöne Fotos von ihm als Skizzenvorlage zu machen und seine Bewegungsabläufe zu beobachten. Er schläft eng zusammengerollt auf einem Ast und ich kann, außer einer Menge Fell, nicht viel von ihm erkennen. Trotzdem stehe ich ganz gerührt vor seinem Käfig. Das ist er. Zum ersten Mal habe ich ein echtes, lebendiges Exemplar vor mir. Ich hoffe jedenfalls, dass er eins ist, denn auf dem Schild daneben steht was anderes. Aber da ich mich im Vorfeld schon recht gut über ihn und seine Art informiert habe, bin ich mir sicher, dass das Tier stimmt und das Schild falsch ist. Ein selbstbewusster Gedanke, der aber durch die Aussage eines Tierpflegers unterstützt wird, der mir kurz zuvor erklärt: “Am Affenhaus rechts rein, dann links. Da war er immer. Wenn nicht, haben wir ihn an den Berliner Tierpark weitergegeben. Kann vorkommen.”

Bei genauem Hingucken kann ich das Fellbündel atmen sehen, was heißt, dass es nicht zufällig seit Monaten tot im Ast hängt oder die Karnevalsperücke eines Pflegers ist, die ich jetzt gerührt lächelnd betrachte. Als ich den Zoo verlasse, schläft mein Darsteller immer noch und hat seine Haltung keinen Zentimeter geändert, von Bewegungsabläufen ganz zu schweigen. Da werde ich wohl doch noch mal irgendwo ein bewegliches Exempar beobachten müssen. Oder eine Jahreskarte für den Berliner Zoo kaufen, ständig hinfahren und abwarten, ob es sich bewegt? - Mmmh, nicht meine schlechteste Idee.


133 - Sonntag, 14. November 2010
Gäbe es bei den vielen Mitarbeiterinnen im gurkentee-Verlag doch nur eine, die über die Umsetzung eines Kinderbuches in ein Hörspiel VORHER nachdenken könnte. Im Buch spielen Szenen in einem großen Burgsaal, einem Geheimgang, einer Höhle und zwischendurch bebt die Erde. Dass die Hauptdarsteller oft durch den Regen laufen, fand die Autorin sehr witzig. Die Illustratorin auch. Die Hörspielmacherin kriegt die Krise. Der Regen rauscht, die Tropfen knallen und alles hört sich nach Tonstörungen an, auch wenn es echter Regen im Wald ist, der dafür aufgenommen wurde. Das tiefe Grollen, das die bebende Erde darstellen soll, kann als Fehler beim Einstellen der Bässe gedeutet werden, und der ständige Hall bei den Dialogen in großen Burgsälen und Höhlen nervt auf Dauer. Leider spielt mindestens die Hälfte der Geschichte im Regen oder in halligen Räumen und zwischendurch grollt es. Momentan spricht die Hörspielmacherin kein Wort mit der Autorin und verlässt den Raum, wenn diese ihn betritt. Ist nicht ganz einfach, klappt aber irgendwie.

Trotzdem ist der Ehrgeiz der Hörspielmacherin geweckt. Es darf regnen, hallen und grollen, aber es muss ausgewogen sein, so dass es zu hören ist, aber nicht nervt. Oder wenigstens nicht so ganz viel. Aus dem einen Tag Endabmischung werden drei und die Hörspielmacherin hört, regelt und mischt täglich so lange, bis sie das Gefühl hat, Watte in den Ohen zu haben. Müde Augen fallen zu, müde Ohren polstern sich aus, damit keine Geräusche mehr durchdringen. Aber das Hör-Ergebnis lässt sie zufrieden lächeln und manchmal sogar laut loslachen. Die Autorin hat ein paar abgedrehte Sätze geschrieben, die genau die Humorschiene der Hörspielmacherin treffen. Hoffentlich auch die der späteren Leser und Hörer. Außerdem macht es ihr Spaß die engagierten Sprecherinnen und Sprecher zu hören, die sich auf der CD angeregt unterhalten, obwohl sich die meisten noch nie gesehen haben. Wunder der Technik.

Sogar die Insider-Melodie “Ich geh dem Glück entgegen” ist untergebracht. Für die, die es später mal anhören, hier der Hintergrund dazu: Vor Monaten kam ich von einem Spaziergang mit einer flotten, fröhlichen, sehr rhythmischen Melodie zurück, zu der ich sang: “Denn ich geh dem Glück entgegen, warte nicht, bis es bei mir ist!” Das sollte ein Prinzenlied geben. Mein Sohn spielte ab da immer wieder diese Melodie auf dem Klavier, allerdings sehr langsam und in traurigen Moll-Akkorden. Dazu sang er mit Grabesstimme, dass er dem Glück entgegen gehe und hatte damit ein perfektes Mottolied für jede Depressivengruppe geschaffen. Als Lied für den Prinzen habe ich es gestrichen, aber die mollige Trauer-Melodie ist jetzt auf der CD für immer verewigt. Als Klavierhintergrund in Hör-Kapitel 9, gleich nach dem Sturz.

Die Probe-CD ist fertig und muss nochmal aufmerksam kontrollgehört werden, dann kann der Hör-Prinz endlich ins Presswerk. Es ist knapp, aber es wird noch alles klappen.



134 - Sonntag, 21. November 2010
Der Prinz ist weg und wird gepresst - royale Familien werden bei diesem Satz aufheulen, aber es handelt sich ja nur um eine CD. Kaum ist Prinz Ferdinand König winkend um die Ecke verschwunden, springt die Weihnachtsfabrik in den Mittelpunkt meines Lebens. Am Ende der Woche ist die Premiere und nun fällt auf, was alles bisher noch viel Zeit hatte, jetzt aber dringend erledigt werden muss. Sind alle Kostüme da? Was ist mit den Requisiten und wann sind die Playbacks fertig? Haben wir schon die “20 Sekunden lang unheimliche Hintergrundmusik”?

Ein Papiermuster der Kulissen mit klappbarer Mittelwand zeigt, wie die Bühne in der nächsten Woche ungefähr aussehen soll, aber geschickterweise vergesse ich das Muster zuhause, als es ans Bemalen geht, und ändere spontan ein wenig um. Ist aber egal, Hauptsache, es ergeben sich mit schnellem Umklappen zwei optisch unterschiedliche Räume. Und Jokkmokk ist immer noch nicht da. Den Tisch von IKEA mit zwei Stühlen hatten wir uns für das Stück ausgesucht, aber er wird seit Wochen nicht geliefert. Nur die Variante mit vier Stühlen ist zu bekommen, aber die ist zu groß. “Jokkmokk ist immer noch nicht da!”, ein Satz, der die Proben begleitet. Jetzt bekommt ein anderer Tisch die Chance im Rampenlicht zu stehen. Es ist wie in Hollywood. Der Star hat keine Zeit und ein schon fast abgeschriebener Kollege wird gerufen und darf im Mittelpunkt stehen.

Schafft die Stadtverwaltung es, den anscheinend schon lange bewegungslosen Vorhang reparieren zu lassen? Hätten wir bei einer Probe in der letzten Woche nicht zufällig das handgeschriebene Schild “Vorhang defekt” gesehen, hätten wir kurz vor der Vorstellung große Augen und blasse Gesichtsfarben bekommen. Was ist Theater ohne Vorhang? Hoffentlich funktioniert er bis zur Premiere oder lässt sich dann zumindest von Hand auf- und zuziehen.

Den Text für das Finallied habe ich jetzt auch fertig geschrieben, was mir die ungewöhnliche Situation klar macht, in der ich mich gerade befinde. Ich setze mich ‘mal eben’ hin, schreibe einen Liedtext und summe eine dazu passende Melodie. Liederschreiben ist ein Themenbereich, der bis zu diesem Sommer weit von mir entfernt lag. Wieso mache ich das plötzlich? Und vor allem: Warum ist das Ergebnis zwar nicht hitverdächtig, aber immerhin recht ordentlich? Mir ist klar, dass ich ohne die musikalische Unterstützung von Mann und Sohn nicht über den Text und die gesummte Melodie hinaus käme, und die beiden daraus erst ein richtiges Lied machen, aber dass ich jetzt für das Theaterstück und die Prinzen-Hör-CD insgesamt acht kurze Lieder geschrieben habe, zeigt, dass es nie zu spät ist, sich in ganz neue Sachen zu stürzen. Leider müssen sich die Mitspieler jetzt auch stürzen, und zwar in das Einüben des Finalliedes, das ihnen bis heute völlig unbekannt ist, aber das schaffen sie schon.

Oh! - menno! - ich hab mich als Autorin ja noch gar nicht mit dem Regisseur verkracht und irgendwelche dramatische Szenen mit Geschrei und Türeknallen hingeworfen. Das geht ja gar nicht! Ich muss noch so viel lernen.


135 - Sonntag, 28. November 2010
Zu Beginn der Woche gibt es massig viel zu tun, holpernde Proben mit Technik-Problemen, immer noch ungestrichene Stellen an den Kulissen und nicht nur ich frage mich, wie man überhaupt auf die Idee kommen kann, ein Theaterstück in diesem Zustand auf die Bühne zu bringen. Man müsste jetzt eine Woche mehr haben, um wirklich fertig geprobt zu haben und sich sicher zu fühlen - die ganz normale Situation kurz vor einer Premiere. Vermutlich muss es so sein, damit bei der ersten Aufführung alle hochgespannt, konzentriert und mit Schwung an die Sache gehen. Hätte man eine Woche mehr Probenzeit, würde man an deren Ende ganz sicher denken, dass man nur eine Woche mehr haben müsste, um es richtig gut zu machen.

Der fehlende Schlaf lässt mich gnädig abstumpfen und Probleme, über die ich mich sonst aufgeregt hätte, nicht so eng sehen. Wichtig ist nur, dass am Ende alles läuft. Irgendwie wird es schon klappen. Einfach durcharbeiten. Dunkle Augenränder können weggeschminkt werden.

Am Premierenfreitag liegt Schnee, und zum ersten Mal komme ich in leichte Weihnachtsstimmung. Das passt ja wunderbar. Die Premiere, die gleichzeitig die Welturaufführung ist, verläuft dann sehr schön, es gibt keine wirklichen Pannen, die Kinder bleiben bis zum Schluß aufmerksam, singen bei den eingespielten Videospots sogar brüllend die Werbejingle mit, klatschen am Ende lautstark und ein Kind strahlt beim Rausgehen: “Der war cool, der Film!” Sogar die Erwachsenen haben Spaß und warten nicht gelangweilt die Kinderunterhaltung ab - ein Aspekt, der mir sehr wichtig ist. Alles also prima! Das ganze Team ist erleichtert, glücklich und weiß, warum es diese Anstrengungen auf sich genommen hat. Gemeinsam geschafft zu haben, ein unterhaltsames Theaterstück auf die Bühne zu stellen und dafür Applaus zu bekommen, ist einfach toll.

Dass die Gruppe trotz der Altersunterschiede und unterschiedlichen Charaktere sehr harmonisch ist und es zusammen immer viel Spaß und Gelächter gibt, ist ein weiterer Pluspunkt. Und ich darf endlich mal einen grauen Faltenrock und altrosafarbene Damenschuhe tragen, weil das zu meiner Rolle als Sekretärin passt. Könnte ich zwar auch abseits der Bühne, mach ich aber nicht. Der Blick in den Spiegel zeigt, dass es dafür Gründe gibt. Vier Aufführungen an diesem Wochenende, vier am nächsten, dann ist das Abenteuer des selbst geschriebenen Theaterstücks schon zu Ende. Ich finde jetzt schon, dass es sich gelohnt hat.


136 - Sonntag, 5. Dezember 2010
Showgeschäft, Glamour und Aschenputtel - wie lässt sich das kombinieren? Für mich in dieser Woche ganz einfach. Eben noch von Applaus umbrandet auf der Showbühne, jetzt mit den Händen im Abwaschwasser.  An den Wochenenden spiele ich meine kleine Sekretärinnenrolle auf der Aulabühne, auf der jeweils viermal das von mir geschriebene Theaterstück läuft, außerdem veröffentliche ich als Autorin und Illustratorin mein Prinzen- Kinderbuch, illustriere eine Kindergeschichte für einen Freund, schneide als Videofilmerin an einem Konzertausschnitt - und dazwischen stopfe ich Wäsche in die Waschmaschine, fege die Krümel aus der Küche weg und beschrifte gepolsterte Briefumschläge im Akkord. Es ist wirklich eine verrückte Zeit, in der sich alles drängelt.

Aber die großartige Meldung am Ende der Woche: Der Prinz kann endlich in die Welt ziehen! Es schneit, als ich die CDs im Presswerk abhole, und natürlich stehe ich auf dem Rückweg im wetterbedingten Stau, aber ich höre dabei meine CD, lache vergnügt über die tollen Stimmen meiner Sprecher und bin sehr zufrieden. Endlich ist dieses Projekt glücklich abgeschlossen. Dass das Buch seit Monaten fertig ist und ich keine Zeit für die CD hatte, weil ich an anderen Projekten gearbeitet habe, war ein sehr unbefriedigender Zustand. Im gurkentee-Verlag wurde darum in einer Betriebsversammlung von allen Mitarbeiterinnen beschlossen, dass ab dem Jahr 2011 gurkentee- Projekte allererste Wertigkeit haben und andere Sachen nur in den Zwischenräumen gemacht werden. Hört sich nach wenig an, ist aber eine sehr weitreichende Entscheidung.

Die gurkentee-Poststelle sitzt abendlich an den Versandvorbereitungen für den Prinzen, klebt CDs in die Bücher, schreibt Adressen und bringt morgens Wäschekörbe voller verpackter Prinzen zur Post. Leider sind die großen Versandtaschen 2 cm zu lang und müssen alle umgeklebt werden, damit die Größenvorgaben für Büchersendungen erfüllt sind. Blöd ist auch, dass drei Bücher in den Umschlag reinpassen, die Sendung dann aber zu schwer für eine Büchersendung ist und sofort viel mehr Porto kosten würde. Wenn drei Bücher bestellt sind, müssen also zwei in eine umgeklebte braune Tüte und eins in eine weiße Tüte.

Wunderbarerweise findet der Sprecher von ‘Herrn Kaiser’ beim ersten Aufschlagen des Buches sofort einen Tippfehler. Es ist nicht zu fassen! Wie oft haben wie viele Leute den Text gelesen und korrigiert, und trotzdem schafft es ein Buchstabe aus einem Wort zu verschwinden. Und das in der ersten Zeile einer Seite. Ich zucke zusammen, als es mir gezeigt wird, was gut passt, weil dort steht: “Der König zucke zusammen”. Es fehlt das ‘t’ für “zuckte”. Hoffentlich müssen Kinder später nicht Aufsätze über die Bedeutung von “zucke” schreiben. Na, mal sehen, ob sich noch ein weiterer Fehler findet. Oder zwei.
Egal!


137 - Sonntag, 12. Dezember 2010
”Und? Schreibst du auch das nächste Theaterstück für die Gruppe?” Eine Frage, die ich in der letzten Woche häufig gehört und sofort entschieden abgelehnt habe. Nee, ganz bestimmt nicht. Dann müsste ich ja jetzt schon wieder loslegen, mir Gedanken machen und mit dem Schreiben beginnen, damit ab dem Sommer geprobt werden kann. Bin ich blöd? Ich hab erstmal Pause verdient.

Kaum bin ich einen Tag zuhause, gehen mir so viele Ideen für ein neues Stück durch den Kopf, dass ich sie sofort notiere. Nur sicherheitshalber. Dass ich diese Kreativität einfach nicht abstellen kann! Der Kopf ist voller Ideen, die raus wollen. Und wie könnte ich mit gelangweiltem Gesicht rumsitzen, so tun, als wäre in meinen Gehirngängen nichts los, wenn dort schon die allerschönsten Bühnenszenen durchjagen? Naja, denke ich, wenn mir schon ein Stück einfällt, kann ich es in den nächsten Wochen, wenn ich wieder mehr Ruhe habe, ja mal komplett aufschreiben und dann können wir immer noch sehen, ob es was für unsere Theatergruppe ist. Ansonsten kann ich es auch einem Theaterverlag anbieten. Oder einfach im Schrank lassen. Oder es wird mal ein Kinderbuch daraus.

Meine in den letzten Monaten erschreckend lange To-Do-Liste wird immer kürzer. Ich bin selber erstaunt, dass ich es tatsächlich alles nacheinander abhaken kann. Das Weihnachts-Theaterstück hat seine letzte Vorstellung, die Illustrationen für den Freund sind fertig und ich gebe sie ab, die ersten Videosachen gehen in die Post, die Buchbestellungen sind auf dem Weg und ich ziehe entspannt mit einem Zirkuspferd los. Hört sich an, als würde ich jetzt endgültig durchdrehen, stimmt aber. Es heißt “Horst Pferdinand”, passt damit gut zu meinem “Prinz Ferdinand”, und sein Puppenspieler Martin Reinl ist immer in seiner Nähe. Sie scheinen eine enge Verbindung zu haben. Gemeinsam besuchen wir an einigen Tagen die Proben zu “Cover me”, und sogar der Hund “Wiwaldi” lässt sich dort mal sehen. Ich filme und hab mal wieder eine Arbeit, die gar nicht als Arbeit zu bezeichnen ist, sondern als großer Spaß. Und nicht nur ich habe Spaß, sondern auch die Leute, mit denen sich das Zirkuspferd unterhält. Ich muss nur aufpassen, dass ich nicht so lache, dass die Kamera wackelt.

Früher wollte ich mal ganz ernsthaft Puppenspielerin werden und ich merke, wie faszinierend ich das immer noch finde. Was man mit diesen Puppen alles machen kann und wie lebendig und eigenständig sie werden, wenn sie gut geführt werden. Kann es Zufall sein, dass ich im letzten Jahr zweimal “Avenue Q.” angesehen habe, ein Theaterstück, in dem Schauspieler und Puppen gemeinsam auftreten? Vielleicht kann ich meine alte Liebe wieder aufleben lassen und das Puppenspielen mit meinen Büchern oder dem Theater kombinieren. Schon wieder rasen die ersten Gedanken durch die Gehirngänge und rempeln dabei die Theaterszenen des neuen Stückes an. “Ey, pass doch auf!” “Tut mir leid, ich bin ganz neu hier!” “Wir auch!” “Ruhe, bitte, wir proben hier!” “Achtung! Da hinten kommen noch mehr neue Ideen!” “Wollen die etwa alle hier rein??” “Ja, sieht so aus ...”


138 - Sonntag, 19. Dezember 2010
Ja, es ist geschafft! Die ‘Cover me’-Show war der krönende Abschluss meines extrem arbeitsreichen Jahres. Etwas besseres als die mitreißende, euphorische Ferienlagerstimmung dieser Veranstaltung hätte ich mir nicht wünschen können.


Es war ein toller Abend, und ich habe vor, während und nach der Show sehr nette Leute wiedergetroffen und neue, sehr nette Leute kennengelernt. Und das Arbeiten mit Martin Reinl und dem alten Zirkuspferd war ein großer Spaß, der vermutlich weitere Auswirkungen auf mich haben wird. Nein, ich werfe jetzt nicht meinen ganzen Kram hin und reise mit dem Kasperle über die Dörfer, aber meine Hirnzellen brüten schon. Mal sehen, was im Frühjahr rauskommt.

Mit breitem Lächeln im Gesicht gehe ich am Morgen nach ‘Cover me’ endlich in meine Frei-Zeit. Urlaub!! Nach über einem Jahr durchgehender Arbeit. Na gut, ein Video, das noch nach einem Schnitt verlangt, hat sich mit durchgeschmuggelt, und Illustrationen für eine kleine Geschichte müssen noch gemacht werden, aber das ist nichts im Vergleich zu den aufwändigen Projekten der letzten Monate. Allerdings fällt mir ein, dass jetzt auch noch ‘Cover me’, mein Weihnacht-Theaterstück und mindestens zehn weitere, bisher liegengebliebende Konzertaufzeichnungen der letzten Jahre geschnitten werden müssen. (Ja, ich weiß wer jetzt loslacht und ironisch sagt: “Du hast noch ungeschnittene Konzerte?”) Aber wenn ich die nach und nach bequem nebenher schneide, bin ich im nächsten Jahr damit fertig.

Aber trotzdem: Ich habe alle Projekte, die in den letzten Wochen zum Teil parallel laufen mussten,  termingerecht geschafft und habe für das Jahr 2011 tatsächlich einen fast leeren Kalender vor mir. Das hatte ich schon seit Jahren nicht mehr. Die freien Kalenderblätter sagen nicht, dass ich nichts mache, im Gegenteil. Auf meiner Liste stehen Stichworte wie “Wohnzimmer streichen”, “Theaterstück schreiben”, “Bäume im Garten fällen”, “zwei Kinderbücher machen”, “Küche bauen”, “Freunde besuchen”, “Theater spielen?” und mehr. Nichts ist terminlich dringend, nichts ist unmöglich, auf alles habe ich Lust und ich werde spontan entscheiden, was gerade dran ist. Mein Zustand ist nahe an der totalen Unabhängigkeit und momentan möchte ich mit niemandem tauschen.


139 - Sonntag, 26. Dezember 2010
Ich habe Frei-Zeit und merke nichts davon, denn jetzt hat mich auch noch Weihnachten überrollt. Als ich nach Abschluß der vielen Arbeit aufblicke, ist völlig überraschend Ende Dezember geworden. Mental bin ich noch irgendwo im Herbst. Aber völlig frei auf dem Sofa zu hängen und gar nichts zu tun, ist sowieso nicht drin. Noch habe ich ja ein Konzert-Video zu schneiden und eine zweite Geschichte zu illustrieren, was beides Anfang Januar fertig sein soll. Ist aber nicht schlimm. Da ich gar nicht gewohnt bin, nichts zu tun, bin ich schon sehr glücklich, nur noch so wenig tun zu müssen.

Die Weihnachtsfeier im gurkentee-Verlag fällt diesmal aus, stattessen wird einstimmig und ohne jede Gegenstimme abgestimmt und ein großer, toller Arbeitstisch gekauft. Die Verlagsräume werden noch etwas enger, weil er ein ganzes Stück größer als der vorherige Tisch ist, aber das ist gut, denn im nächsten Jahr wird es einige Projekte geben, die sich ausbreiten müssen. Ja, ich habe Frei-Zeit, aber das heißt nur, dass ich nicht mehr so viel für andere Leute arbeite, sondern vorwiegend an meinen eigenen Sachen sitzen werde. Ein ruhiges Arbeitszimmer, in dem ich mich wohl fühle und ein großer Tisch, an dem die Gedanken sprudeln, sobald ich mich dran setze, ist die beste Grundlage für schwungvolle, kreative Ergebnisse.

Ich werde Zeit haben mich an ganz neue Projekte zu begeben und einfach mal was auszuprobieren. Zurzeit fühle ich mich wie ein Kind vor unendlich langen Sommerferien. Ich kann machen, was ich will, und habe ganz viel Zeit. Im nächsten Jahr wird es ein neues Kinderbuch geben und ein zweites wird zumindest angefangen, ich möchte wieder ein Theaterstück schreiben und habe ein kleines, ziemlich verrücktes Videoprojekt vor. Außerdem noch tausend kleine Sachen, die im Kopf herumschwirren und endlich mal raus wollen. Langweilig wird es nicht werden.

Allen ein gutes, gesundes und glückliches Jahr 2011!



140 - Sonntag, 2. Januar 2010
Der Kinderbuch-Block ist umgezogen zu www.gurkentee.de  
und heißt jetzt Notiz-Block.
Dort gibt es weiterhin jeden Sonntag Aktuelles über die Projekte.

Teil 1-139 sind dort auch zu finden.




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