Als die kleine Giraffe ihre Punkte verlor
Ich mache ein Kinderbuch

Woche 34
- 18.Feburar 2007
Eine Woche geht Tag für Tag vorbei und ich mache nichts am Kinderbuch. Jeden Tag denke ich: “Morgen aber!” und mache dann doch wieder etwas anderes. In den Karnevalskostümladen fahren zum Beispiel, oder ein Karnevalskostüm nähen, oder ein bisschen feiern, oder einen Bericht schreiben oder zu einem Seminar über Hundeerziehung bei DOGS gehen, wo ich doch nicht mal einen Hund habe, oder im Garten arbeiten, der fast schon nach Frühling aussieht und bei Sonne schon wie Frühling riecht. Meine auffällige Flucht vor den Illustrationssachen auf dem Tisch liegt wahrscheinlich an meiner Angst vor dem Affen Makiki, der bisher nicht so wird, wie ich ihn haben will. Aber Löcher im Garten buddeln bringt mich da nicht weiter. Immerhin entspannt es und tut mir gut.

Kurz bevor die Woche um ist, treibt mich die Verlegenheit an den Arbeitstisch. Wenigstens ein Bild muss ich schaffen, ehe ich einen peinlich kahlen Bericht abgebe. Und siehe da, es klappt. Auch der Makiki findet sich ein und sieht aus, wie er aussehen soll. Leider habe ich die Idee, dass der Makiki den Schwanz der Giraffe anhebt, während er ihr Fell betrachtet. Ist ja eigentlich ganz witzig, aber als ich mit Tusche fertig gezeichnet habe, sieht es aus, als würde er mit Urologenblick ganz woanders hinsehen. Nach kurzem Zögern erkenne ich: So geht das nicht und zeichne eine neue Version. Soll sich der Makiki mal lieber etwas weiter nach vorne an die Giraffe stellen und so gar keinen Anlass für seltsame Vermutungen geben.

Große Erleichterung, sowohl bei mir, als auch beim Makiki und nicht zuletzt bei der Giraffe, dass es endlich mit den Illus weiter geht. Ich glaube, wenn das Wetter weiterhin so warm bleibt, illustriere ich ab der nächsten Woche draußen. Der Garten sieht nach meinem Kettensägenmassaker und diversen Büsche-ausgrab-Aktionen zwar ziemlich chaotisch aus, aber wenn ich meinen Blick beim Zeichnen auf Urwaldbilder richte und ringsherum die ersten Vögel zwitschern, ist das schon OK.

Warum habe ich das dumpfe Gefühl, dass der Schnee kommen wird, sobald ich an Illustrieren im Garten denke?
Wieso habe ich nach der Gartenarbeit immer einen Stachel in der rechten Zeigefingerkuppe stecken, der mich beim Illustrieren behindert?
Und was passiert sonst noch?



Woche 35 - 25.Feburar 2007
Mit den Illus geht es gerade gut weiter und trotzdem wird mir klar, dass ich eine Ankündigung machen muss:
Mai is nich!
Also den Monat Mai wird es schon geben, es wäre ja auch etwas aufwändig weltweit vom April in den Juni zu springen, und es könnte die ganze Weltgeschichte durcheinander bringen, wenn abgelegene Südseestatten oder Dörfer in Zentralafrika oder kleine Ortschaften tief in der Eifel das nicht so mitbekommen und dann doch den Mai haben, ganz abgesehen von den Bahnfahrplänen, denen das sicher den Rest geben würde... Was ich sagen will: Das Giraffenbuch wird nicht im Mai fertig sein. Es tut mir Leid für alle Geburtstagskinder, die es als Geschenk bekommen sollten und besonders für die Schenker, die sich nun etwas Neues einfallen lassen müssen, und auch für die vielen geplanten Giraffen-Partys, die nun im Mai völlig deplaziert und total überflüssig sind. Fakt ist, dass ich nur mit gewaltigem Stress und wohlmöglich auf Kosten der Qualität schaffen würde, alles komplett bis Mai fertig zu haben.

Ich selbst grinse nach dieser Entscheidung erleichtert los und fühle mich gut. Insgesamt enspannt sich die Lage jetzt sehr. Bis Mai gebe ich mir Zeit an den Illus zu arbeiten, etwa ab April nehme ich parallel dazu meine vielen Sprecher für die CD auf und im Sommer, der bei mir Mitte Juni beginnt, setze ich alles zusammen, sowohl Bilder und Text, als auch Stimmen und Geräusche. Wenn dann nicht zufällig die Druckerei monatelang Ferien macht, wird das Buch inklusive Hör-CD im August in allen Buchhandlungen liegen können - vorausgesetzt, es erklären sich einige Leute bereit, ihre bei mir gekauften Bücher in Buchhandlungen mitzunehmen und dort liegen zu lassen.

Wieder einmal erweist es sich als Vorteil, dass ich keinen Verlag habe, denn meine Herausgeberin diskutiert nicht lange herum, sondern ist über die Verschiebung ebenso erleichtert wie ich, wie die Illustratorin und wie die Layouterin. Auch die Tontechnikerin freut sich, denn mit etwas mehr Zeit kann sie die Sprecheraufnahmen, zu denen sie teilweise in andere Städte reisen muss, viel entspannter angehen und nette Kurzurlaube daraus machen. Man könnte sagen, wir sind wie eine große Familie, die sehr harmonisch miteinander umgeht und meistens einer Meinung ist, nämlich meiner.

Da sich gerade eine gute Möglichkeit ergibt, treffe ich mich aber schon mit dem ersten Sprecher der Hör-CD zur Aufnahme. Er hat für die “Urwaldgeräusche” zugesagt und ist darin fast besser als das Original. Affengeschrei, Elefantentrompeten und “allgemeiner, undefinierbarer Urwaldlärm” wird von ihm täuschend echt gebrüllt, gepfiffen und gegrunzt. Wunderbar! Meine Reisekostenabrechnungs-Abteilung freut sich, denn das spart der Firma die lange Fahrt in den afrikanischen Urwald. Außerdem finde ich es viel schöner, wenn alles selbstgemacht ist. Wer sich übrigens über die Rolle “Urwaldgeräusche” wundert: Es wird auch noch jemanden geben, der “die Frösche im Teich” macht und jemanden, der als Schlange einmal herzhaft “Aua!” schreit. Es sind zugegebenermaßen meistens kleine Rollen, aber ich finde es klasse, wenn die von anderen Leuten übernommen und ernsthaft gespielt werden. Und wer weiß, vielleicht ruft Hollywood mal an und sagt: “Wir haben Sie quaken gehört und hätten da eine Hauptrolle für Sie....”

Ist es OK, wenn ich bis zur Veröffentlichung nicht verrate, wer alles auf der Hör-CD mitmacht?
Sind meine Wellensittiche geeignet als “Papageiengeschrei” mitzumachen?
Und was passiert sonst noch?



Woche 36 - 4.März 2007
Momentan sieht mein Buch so aus: Schief geklebter Text, zum Teil hochkant angeordnet, und in den Lücken bunte Striche. Bei diesem Anblick verstehen wohl alle, dass die Veröffentlichung noch warten muss. Man kann zwar originell sein, aber ZU originell ist dann doch blöd. Trotzdem ist die Lage nicht hoffnungslos, denn die bunten Striche sagen aus, dass die Illustrationen für diese Lücken schon gemacht sind und bunte Ränder in der Farbe der Streifen haben. Die bunten Ränder um die Bilder sind fast so etwas wie mein Markenzeichen, auch wenn ich sie nicht konsequent zeichne, sondern nur bei Bildern, die viereckig sind. Unregelmäßige, frei im Raum schwebende Illustrationen bekommen keinen farbigen Rand, was im Endeffekt dann doch wieder konsequent ist.

Die Ausmalarbeiten erfordern viel Zeit und eine hohe Konzentration, damit ich nicht links mit Farbe kleckere, während ich rechts arbeite. Da ich gleichzeitig auch noch intensiv CD hören und zwischendurch einen Schluck Tee trinken muss, ist die Kombination der vielen Tätigkeiten nicht ganz einfach. Vor allem, weil das Teeglas unmittelbar neben dem Glas mit dem Wasserfarbenwasser steht und ich vermeiden möchte, dass ich den Pinsel in den Tee tauche. Gelingt mir nicht immer, so dass man später Spuren von schwarzem Tee mit Milch und Zucker in den Farben der Originalbilder finden wird. Ist ein Versehen, wird aber vielleicht in der Kunstwelt mal heiß diskituiert werden. Wer weiß, was den alten Ägyptern beim Einbalsamieren in die Paste gekleckert ist und jetzt von aufgeregten Wissenschaftlern entdeckt wird? “Ups, mir ist gerade der Ziegenkäse vom Brot in den Topf gefallen!” “Ach, sei bloß ruhig,
Neferhetepes, ich such schon den ganzen Tag die gammeligen Feigen, die hier seit letzter Woche lagen.”

Um in der Geschichte neben dem Spaß auch der Spannung Raum zu geben, muss das Affenbaby dran glauben. Befindet es sich in der Hand eines großen Elefanten, eines schwarzen Panthers oder einer gräßlichen Würgeschlange? Wobei die Würgeschlange ja schon rausfällt, weil sie keine Hände hat. Ich habe mir jedoch vorgenommen nicht alles zu verraten, darum sage ich nichts weiter dazu. Wow, ich liebe es, wenn die Spannung so angeheizt wird!

Einige Eltern werden jetzt überlegen: “Wie viele tote Darsteller gibt es wohl in dem Buch, und soll ich es als Gute-Nacht-Geschichte vorlesen, wenn am Ende keiner überlebt?” Ich würde sagen, das kommt auf’s Kind an. Aber ehe es jetzt viele Bestellmails von Kindern gibt, die mal vom Ego-Shooter auf ein Buch wechseln wollen: Es wird nicht gemetzelt und es werden alle überleben. Tut mir fast Leid. Aber nur fast.


Interessiert es jemanden, dass Neferhetepes die Tochter des Pharaoh Djedefre (4. Dynastie, 2560 v. Chr.) war und ganz sicher nie ihren Käse beim Einbalsamieren verlor?
Wie kann ich es schaffen mehr zu illustrieren, wenn das Wetter draußen so frühlingshaft ist und ich ständig im Garten buddel?
Und was passiert sonst noch?


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