Als die kleine Giraffe ihre Punkte verlor
Ich mache ein Kinderbuch

Woche 70
- 18. November 2007
Völlig unerwartet kommt am Wochenanfang der Buchandruck per UPS-Service bei mir an. Während ich noch in Betracht ziehe, dass in der Druckerei niemand Zeit hat, die Daten zu bearbeiten, haben sie das komplette Buch vorbereitet. Mein erster Gedanke ist: “Wow, mein Buch!”. Mein zweiter: “Mist, die CD ist noch nicht pressfertig! Die muss jetzt aber auch so schnell wie möglich fertig werden!” Wäre ja blöd, wenn das fertige Buch demnächst in formschönen Stapeln mein Wohnzimmer ziert, die CD aber noch unbespielt im Presswerk wartet und deswegen kein Buch an die Besteller gehen kann.  

Es ist ein komisches Gefühl, als ich das schmale Paket öffne und den in vier Teilen gehefteten Andruck herausziehe. Spektakulär sieht er nicht aus, eher wie meine vorher angelieferten Arbeitskopien und etwas grünstichig, aber er ist auch nur da, um alles auf die Passgenauigkeit durchzusehen und das OK zu geben. Kaum schlage ich leicht lächelnd die erste Seite auf, sehe ich einen Fehler im Text, der mir quasi sofort in die Augen springt. Ich bin beruhigt, denn das war ja, was ich erwartet hatte: Doofe Fehler, die ich vorher bei zehn Korrekturdurchgängen nicht gesehen habe.

Nachdem ich alles in Ruhe durchgesehen habe, stehen drei Textkorrekturen auf meiner Liste, die Fehler von mir sind. Zweimal ist ein Anführungszeichen versehentlich kursiv, einmal habe ich ein Komma im persönlichen Danke-Text auf der letzten Seite, das da völlig blödsinnig mitten im Satz steht. Ich hoffe, das kann man noch recht einfach ändern. Zwei weitere Korrekturen betreffen das Verrücken einzeln stehender Textblöcke, die die Druckerei etwas anders angeordnet hatte, als ich es wollte. Die weiteren Textfehler, die es sicher noch gibt, sind mir auch bei diesem letzten Durchgang entgangen. Aber die Genugtuung, jetzt für immer im Buch zu stehen, haben sie sich verdient, die Schlaumeier.

Die Hör-CD gilt als fertig und ich nehme sie freudig am Wochenanfang auf eine längere Autofahrt mit, um im Auto-CD-Player ganz entspannt einen letzten Durchgang zu hören. Schon nach den ersten Sätzen ist die Entspannung weg, denn mir gefällt das Ergebnis gar nicht. Was auf dem heimischen CD-Gerät und dem Computer dynamisch und lebendig klingt, ist im Auto zu laut oder zu leise. Zarte Stellen werden mit dem Motorengeräusch des Wagens unterlegt und sind dann schwer zu verstehen, die Affen kreischen dagegen so laut, dass man sich erschreckt ans Lenkrad klammert und mit der anderen Hand panisch nach dem Lautstärkeregler tastet. Da ist noch eine Bearbeitung fällig. Ich mag den Einheits-Lautstärke-Klang stark komprimierter CDs gar nicht, aber zumindest ein wenig komprimieren ist in diesem Fall sinnvoll. Wobei es mir weitaus wichtiger ist, dass die CD im Kinderzimmer gut klingt und dann eben Restschwächen im Auto hat.

Nach einigen weiteren Tonspur-Bearbeitungsgängen bin ich endlich zufrieden und auch mein Gatte atmet auf, denn er ist der Tontechniker, der immer wieder anbieten, berechnen, probehören muss und die CD inzwischen bestimmt zwanzigmal komplett gehört hat. Nach dem allerletzten Intensivhören träumt er die ganze Nacht von kreischenden Affen und ist am Morgen völlig fertig.

Leider hat die Arbeit an der Hör-CD nun deutlich länger gedauert, als ich dachte und das CD-Master wird erst in der nächsten Woche zum Presswerk gehen können. Mal sehen, wie lange die dann brauchen. Aber lieber eine etwas verspätete Veröffentlichung, als eine CD, mit der ich nicht ganz zufrieden bin.

Übrigens: Es gibt neue Preise für die Versendung per Post. Nach dem Abwiegen von Dummy-Büchern am Postschalter ist klar, dass ich nicht zwei Bücher zum Preis von einem versenden kann, weil die vermutlich ein bisschen zu schwer sind. Ich gebe die alten Preise als Bonus an die Leute, die bis zum 15.11.07 bestellt haben, ab da gelten die neuen. Mist - hätte ich das vorher gewusst, hätte ich toll mit einem Frühbucher-Porto-Rabatt werben können!

Kann ich meine kompletten Giraffen-Sachen tatsächlich schon einsammeln und vom Arbeitstisch in eine Kiste räumen?
Ist der Veröffentlichungstermin 1.12. bei der späten CD-Abgabe noch zu schaffen?
Und was passiert sonst noch?


Woche 71 - 25. November 2007
Die CD ist im Presswerk und wird gepresst und das Buch ist in der Druckerei und wird gedruckt. Ich habe nicht mehr viel zu tun und kann eigentlich nur noch abwarten. Schon wieder fahre ich die 150 km bis zur Druckerei und bin live dabei, als gedruckt wird, um zu sehen, ob die Bilder farblich und im Kontrast so werden, wie ich das haben möchte. In meiner Druckerei ist es gerne gesehen, wenn der Kunde zu diesem Zeitpunkt auf die Arbeit guckt und sofort sagen kann, wenn er die Farben lieber kräftiger oder blauer oder ganz anders haben möchte.

Die Drucker sind sehr nett und arbeiten sorgfältig. Sie ziehen mit Schwung bedruckte Papierbögen aus der Maschine, betrachten sie auf einem Tisch unter hellem Licht, kontrollieren immer wieder die Passkreuze, vergleichen Farben und tippen Zahlen und Werte in den Computer ein. Die Bögen, die sie aus der Maschine ziehen, haben meine Giraffenbilder drauf - ein seltsames Gefühl. War doch alles Spaß, und jetzt wird tatsächlich ein Buch daraus!

Zwölf Giraffenbuch-Seiten vom Innenteil passen auf einen Druckbogen, was auf den ersten Blick etwas verwirrend wirkt, weil einige dabei auf dem Kopf stehen, aber ich habe volles Vertrauen, dass die Drucker wissen, was sie tun und am Ende alles richtig sortieren und richtig herum ins Buch bringen. Auch die Rückseiten der Papierbögen müssen ja noch bedruckt werden und zwar so, dass die Bilder genau zu denen auf der anderen Seite passen und keins auf dem Kopf steht und nach dem Binden die Seitenzahlen in der richtigen Reihenfolge stehen. Was bin ich froh, dass ich die Anordung der Bilder beim Druckvorgang nicht selber übernehmen muss! Das ginge doch schief!

Als ich die Druckerei verlasse, warten die fertig gedruckten Titelblätter auf einer Minipalette schon auf den Abtransport zur Weiterverabeitung. Bis zum Abend werden auch die Seiten des Innenteiles komplett gedruckt sein. Das Buch könnte in diesem Zustand gut als Bastelpackung mit großen, bedruckten Seiten zum Ausschneiden und Selberbinden rausgehen. Allerdings würde die Falz-Anleitung wohl recht kompliziert werden.

Der Veröffentlichungstermin rückt näher, aber es ist nicht sicher, ob Presswerk und Druckerei meinen Wunschtermin zum Ende der nächsten Woche schaffen. Es wäre natürlich toll, wenn die Bücher mit Hör-CD fertig und komplett am 30.11. bei mir wären, aber wenn nicht, habe ich sie auf jeden Fall in der ersten Dezemberwoche. Noch versuchen alle aber ihr Möglichstes, um so schnell wie möglich fertig zu werden.

Auf der Rückfahrt von der Druckerei höre ich - wie schon auf der gesamten Hinfahrt - Rainald Grebe auf CD. Ich passe mich immer meinen aktuellen Stimmungen an und weiß genau, was ich hören möchte und wer auf meinen Wegen “dabei sein darf” und mich begleitet. Bei der letzten Rückfahrt von der Druckerei musste es ein jubelnder, liebevoller, lauter Guildo Horn sein, mit dem ich zusammen laut singend feierte, dass dem Buchdruck nichts mehr im Wege stand. Diesmal bin ich in einer Stimmung, die ruhiger und ein wenig sentimentaler ist und trotzdem abgedreht. “Hey! Ich mache einfach so ein buntes Buch über eine Giraffe, die ihre Punkte verliert, lasse es drucken, mache eine Hör-CD dazu, auf der ganz viele tolle Leute mitmachen, habe schon Bestellungen von Menschen, die ich überhaupt nicht kenne, habe bald meine erste Lesung an einer Grundschule und irgendwie macht das Ganze total viel Spaß und bringt mir unerwartete Erlebnisse und Erkenntnisse. Ich fühle mich unabhängig, zufrieden und bereit für neue Sachen. Wer weiß, was kommt. Alles ist möglich.” Zu dieser Stimmung passt Rainald Grebe - er fährt mit mir, auch wenn er selber gar nichts davon merkt, weil er ganz klein im CD-Fach steckt. Ich hätte ihn allerdings auch ungerne gefragt, ob er sich persönlich ins Auto neben mich setzt und mir auf dem Weg zur Druckerei etwas erzählt und vorsingt, weil ich genau ihn gerne als Begleitung auf diesem Weg hätte. Vermutlich hätte er mich verwundert angesehen. Außerdem hätte das Klavier nicht ins Auto gepasst.

Ich weiß, dass ich, wenn ich die fertigen Bücher abhole, Hape Kerkeling mit “Ich bin dann mal weg” hören werde, weil in seiner Lesung im Mai 2006 alles anfing. Während er vorlas, wusste ich plötzlich, dass ich sofort mit dem Kinderbuch anfangen werde und es nicht weiterhin, wie seit Jahren, auf irgendwann verschiebe. Wenn Hape Kerkeling in der nächsten oder übernächsten Woche bei der Fahrt zur Druckerei dabei ist, mit mir zusammen also die fertigen Giraffenbücher abholt, (auch wenn er sich nur ganz klein im CD-Fach befindet), schließt sich der Kreis. Ich finde das sehr nett.

Wirkt es therapiebedürftig, dass ich mir meine Autofahrbegleitung für persönlich wichtige Wege immer ganz gezielt aussuche?
Ist es überhaupt möglich, dass auf der einen Seite das CD-Pressen und CD-Bedrucken, auf der anderen das Buch binden, Umschlag laminieren, Seiten beschneiden, alles von einer Produktionsstätte zur nächsten zur nächsten zur nächsten transportieren und dann zurück ins Werk,innerhalb einer Woche zu schaffen ist?
Und was passiert sonst noch?



Woche 72 - 2. Dezember 2007
Es ist Dezember und das Buch sollte nach meiner Planung jetzt fertig sein. Ist es aber nicht. Es liegt als bunt bedruckte Blätter auf Paletten und wartet darauf, gebunden zu werden. Leider ist in der Buchbinderei gerade viel zu tun und die Aufträge stauen sich. Da habe ich mich ganz umsonst mit den letzten Korrekturen und den ganzen CD-Angaben beeilt, die Einklebetaschen für die CDs gekauft und einen hohen Stapel Briefumschläge adressiert, der nun in meinem Wohnzimmer hochstapelt, beziehungsweise quer in einem Karton stapelt. Was jetzt fehlt, sind die Bücher. Neuer geplanter Veröffentlichungstermin ist der 10. Dezember. Blöde ist, dass ich genau am 10. Dezember eine Lesung an einer Grundschule habe und nun wahrscheinlich keine Bücher mitnehmen kann. Wirkt ja total überzeugend. Glauben mir die Kinder, dass ich eine echte Schriftstellerin bin, wenn ich nicht mal ein Buch dabei habe?

Aber eigentlich nehme ich alles erstaunlich gelassen hin. Ist es nicht normal, dass sich eine Veröffentlichung verzögert? Wenn schon, dann mache ich es so wie die Profis. Ein bisschen verzögern, Spannung erzeugen und dann als Sensationserfolg raus. Das ist viel wirkungsvoller. Alle Besteller freuen sich dann  nicht nur über das Buch, sondern auch, dass es überhaupt da ist. Vielleicht sollte ich aus diesem Grund eine Zusendung unmittelbar vor der Weihnachtsbescherung anstreben? Das ist dann extrem spannend!

Ab der nächsten Woche habe ich auch mehr Zeit, um die Bücher, die vermutlich für eine einzige Autoladung zu schwer sind, in zwei 300-km-Fahrten abzuholen. 600 km zu fahren, um Giraffenbücher zu holen, das ist schon ziemlich schräg und das wird, außer mir, wohl kaum jemand machen. Beruhigend für mich ist aber, dass ich nicht den Grund für die Verzögerung geliefert habe. Meine Arbeit ist getan und ich warte nur noch ab. 

Wie sieht es eigentlich mit der Bestsellerliste aus? Kann ich mit 1000 Exemplaren überhaupt wochenlang ganz oben dabei sein? Am besten stelle ich wohl eine eigene Bestsellerliste auf, da habe ich größere Chancen. Tatsache ist, dass die “kleine Giraffe” mein erstes eigenes Buch ist. Die Illus in anderen Büchern zählen nicht richtig mit und auch das “Léon”-Buch ist nach meinem Gefühl das Buch von Eddi und ich habe es “nur” illustriert. Wenn ich jetzt also mein erstes Buch auf meine eigene Bestsellerliste setze, ist das natürlich das “bislang erfolgreichste Buch meiner Karriere”, also die Nummer 1. Überzeugend, oder? Es wird vermutlich monate-, wenn nicht jahrelang die Nummer 1 bleiben, denn solange kein weiteres Buch nachkommt, ist ein Abrutschen auf den zweiten Platz nicht zu befürchten. Und selbst der wäre ja noch klasse.



Mein nächstes ‘Projekt’, so werde ich es wegen seiner Dauer wohl nennen können, ist eine Unterschriften-Sammelaktion. Die Mitwirkenden der Hör-CD möchte ich gerne auf dem Titelbildandruck unterschreiben lassen, der dann als Erinnerung an mein erstes Buch an der Wand hängen soll. Zweiundzwanzig Unterschriften sind dazu nötig und ich befürchte, dass es wochen- oder sogar monatelang dauern kann, bis ich alle habe. Schließlich wohnen einige Sprecher so weit weg, dass ich ihnen das Buch mit der Post schicken werde, damit sie nicht ewig darauf warten müssen. Das heißt aber, dass ich dann vielleicht ewig auf ihre Unterschrift warten muss. Aber egal. Wenn ich ein ganzes Buch schaffe, kriege ich das auch mit den Unterschriften gebacken. Ich fange gleich an und nutze kurze Treff-Gelegenheiten, um die ersten Namen auf den Titeldruck zu bekommen. Affentante, Affenmädchen, Affenbaby und Eidechse fangen an. Geht doch schon gut los.

Dass ich mich später mit einem Blick auf ein Bild an der Wand immer an die kleine Giraffe und all die netten Leuten erinnern kann, die mit dabei waren, finde ich einfach sehr schön und ganz wichtig.

Was mache ich eigentlich, wenn in einen Brief-Umschlag nicht, wie von mir eingeplant, zwei Bücher passen?
Wann kommen die Bücher endlich?????
Und was passiert sonst noch?


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Infos über das Buch, die CD und die Bestellmöglichkeit unter:
www.gurkentee.de

HÖRBEISPIEL
(anklicken, dann geht’s zur richtigen Stelle im Text!)




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